Orbán legte sich als „notorischer Störenfried“ beim jüngsten Brüsseler Gipfel erneut quer. Er drohte mit einem doppelten Nein: Nein zur Aufnahme der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Nein zu dringenderen 50 Milliarden EU-Haushaltshilfen und Darlehen für Kiew. Der Ungar hatte noch eine eigene Rechnung mit Brüssel offen.
Mit seinem konservativen und familienfreundlichen Kurs war der seit 2010 Amtierende bei der linken Nomenklatura in Brüssel und Berlin bald in Ungnade gefallen. So hatte ihm die Kommission 30 Milliarden Euro zugesagte EU-Mittel – 4,5 Prozent des jährlichen ungarischen Bruttoinlandsprodukts – gestrichen. Orbán soll bei Ausschreibungen für die Budapester Metro, eine Donaubrücke und die Schnellbahn nach Belgrad Verwandte und Jugendfreunde bevorteilt haben.
Der Druck durch den Ukrainekrieg ist aber so groß, daß er nun nach der Vermittlung von Berlin und Paris vom ersten Nein abließ, indem er vor der Abstimmung den Saal verließ. Der mittlerweile dienstälteste Regierungschef weiß, daß sich diese Verhandlungen gut noch ein Jahrzehnt hinziehen können. Mit seiner Pinkelpause schaltete er sich 10,2 Milliarden Euro frei.
Die 50 Milliarden Soforthilfen, ohne die Kiew bald bankrott geht, blockiert er aber weiter. Man trifft sich im Januar wieder. Als „Kofferträger Putins“ denunziert – Ungarn ist weiter von russischen Energielieferungen abhängig –, ist sein Preisschild ziemlich klar: die Freigabe der restlichen 20 Milliarden für Ungarn.