© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/23 / 15. Dezember 2023

Der Weihnachtsmann bleibt klassisch
Er setzt auf den konservativen Brief – oder die Kinder übergeben ihm ihre Wünsche gleich persönlich
Paul Leonhard

Auf den Poststempel kommt es an. Als spätestes mögliches Datum muß der Brief den 17. Dezember aufweisen, sprich den dritten Advent – also letzter Aufruf. Sonst wird es nichts mit der Post von Weihnachtsmann, Christkind oder Nikolaus. 

Und die Kinder müssen wieder zu Buntstiften und Papier greifen. Denn alle drei sind weder per E-Mail, WhatsApp noch auf anderen digitalen Wegen erreichbar, sondern nur ganz klassisch konservativ – per Brief. Ihrer Beliebtheit tut das keinen Abbruch. Im vergangenen Jahr gingen beispielsweise allein bei der Weihnachtspostfiliale in 16789 Himmelpfort (Oberhavel) fast 310.000 Briefe ein, davon interessanterweise mehr als 9.000 aus China. Bei dieser Briefflut muß auch der Weihnachtsmann arbeitsteilig arbeiten. Deswegen gibt es in Deutschland zwei weitere wichtige Adressen: die Kinderweihnachtspost in 31147 in Himmelsthür, einem Ortsteil von Hildesheim in Niedersachsen, und in 99706 in Himmelsberg in Thüringen. Das Codewort lautet natürlich in jedem Fall „An den Weihnachtsmann“.

E-Post, WhatsApp oder soziale Medien werden nicht bedient

Wer dagegen nichts mit alten weißen Männern zu tun haben möchte, kann sich an das Christkind wenden. Im oberbergischen Engelskirchen (51777), wo es seine Hauptfiliale eingerichtet hat, gehen in der Weihnachtszeit täglich bis zu 12.000 Briefe ein, 2022 waren es mehr als 150.000 aus aller Welt. Erreichbar ist es aber auch in 97627 Himmelstadt und in 21709 Himmelpforten. Letzteres liegt im Landkreis Stade und sollte nicht mit Himmelpfort verwechselt werden, denn sonst geht die Post doch an den Weihnachtsmann statt an das Christkind – beantwortet werde sie trotzdem, versichern die Helfer.

Wenn der Weihnachtsmann in Himmelpfort im gelben Elektrogefährt vorfährt – Rentiere und Schlitten gelten wohl nicht mehr als nachhaltig –, erwarten ihn bereits rund 10.000 Wunschzettel. In Himmelpfort nahm übrigens auch die Geschichte mit der Weihnachtspost ihren Anfang. 1984 schrieben laut Deutscher Post zwei Kinder aus Berlin und Sachsen an den Weihnachtsmann nach Himmelpfort. Da es eine Postmitarbeiterin nicht übers Herz brachte, die Briefe mit dem Vermerk „Empfänger unbekannt“ zurückzuschicken, beantwortete sie diese Briefe selbst. Die Freude bei den beiden Kindern war so groß, daß sie überall stolz verkündeten, es gebe natürlich den Weihnachtsmann, sie hätten sogar persönlich von ihm eine Antwort erhalten. 

Das Resultat: Im folgenden Jahr trafen bereits 75 an den Weihnachtsmann gerichtete Schreiben in Himmelpfort ein. Nach der deutschen Wiedervereinigung wuchs die Zahl auf bis zu 2.000 Briefe, die in der Adventszeit Tag für Tag eintrafen, und die Deutsche Post stellte ab 1995 Helferinnen ein, die beim Beantworten der Briefe unterstützen. Übrigens wird nicht nur auf deutsch geantwortet, sondern auch auf englisch, spanisch, französisch und sogar in Blindenschrift.

Die Geschichte des Wunschzettels begann wohl schon Ende des 17. Jahrhunderts. Damals richteten die Kinder „Weihnachtsbriefe“ an ihre Eltern und Paten, in denen sie dauerhaftes Wohlverhalten versprachen. Erst hundert Jahre später wurden in diesen Schreiben auch bescheidene Wünsche geäußert, etwa nach einem Apfel, Nüssen oder Mandelkernen. Heutzutage wünschen sich Kinder, fliegen zu können oder auch mal Haare für den Opa.

Der Dritte im Bunde ist nach Weihnachtsmann und Christkind wieder ein alter weißer Mann: der Nikolaus. Wem es wieder nicht gelungen ist, ihn in der Nacht zum 6. Dezember beim Füllen der vor die Haustür gestellten, sauber geputzten Stiefel zu erwischen, kann auch ihm schreiben: Am Nikolausplatz in 66352 St. Nikolaus wird die Post bis drei Tage vor der Weihnachtsnacht entgegengenommen. In dem etwa 25 Kilometer südwestlich von Saarbrücken gelegenen Ortsteil von Großrosseln werden übrigens schon seit 1966 Kinderbriefe auf traditionelle Art beantwortet. Der Nikolaus hatte also schon früher als der Weihnachtsmann einen Briefschlitz in der Tür.

Und wer es letztlich mit dem Gang zum Briefkasten doch nicht geschafft hat, dem bleibt immerhin noch ein Ausweg. Er kann sich auf den Weg nach Himmelpfort machen. Denn dort hält sich der Weihnachtsmann mit seinen 20 „Elfen“ bis Heiligabend, jeweils von Donnerstag bis Sonntag, 11 bis 17 Uhr, in seiner Weihnachtspostfiliale im Weihnachtsmannhaus an der Klosterstraße 23 auf und nimmt die Briefe der Kinder persönlich entgegen. In Himmelstadt können Briefe in diesem Jahr noch bis zum 22. Dezember, 17 Uhr, in der Weihnachtspostfiliale abgegeben werden. Also warum nicht mal selbst im warmen Mantel den Schlitten satteln?

Und schließlich kann man dem Weihnachtsmann auch danke sagen, wenn er in den hohen Norden zurückgekehrt ist. Seine Adresse in Finnland lautet: Santa Claus, Santa Claus’ Main Post Office, 96930 Napapiiri. Auch in Schweden, Norwegen, Grönland und sogar in Neuseeland hat der Weihnachtsmann seinen Wohnsitz. Mangels Helfern – meist Schulkinder aus der Region – wird aber nur ein Teil der eingehenden Post beantwortet.