Vier Minuten dauerte der heftige Schlagabtausch im US-Kongreß während der Anhörung zum Antisemitismus an den „progressiven“ Hochschulen. Die republikanische Abgeordnete Elise Stefanik löcherte die Präsidentinnen von drei der berühmtesten Universitäten: Harvard, MIT und University of Pennsylvania. Sind „Aufrufe zum Genozid an Juden“, so fragte sie, mit den Regeln der Universitäten vereinbar? Oder sind sie Schikane oder Belästigung („bullying or harassment“)?
Es war fast schmerzhaft anzusehen, wie die Uni-Chefinnen sich wanden, um einer klaren Antwort auszuweichen. Es „kann sein“, daß Genozid-Aufrufe „Belästigungen“ darstellten, falls Worte zu Handlungen würden, sagte UPenn-Präsidentin Liz Magill, wobei sie seltsam grinste. Und Harvard-Präsidentin Claudine Gay meinte kühl, es komme „auf den Kontext“ an.
Der bizarre Auftritt in der vergangenen Woche hat zu einem Aufschrei geführt, weil er vielen als Beleg dient, wie verrottet und ideologisch verdorben die Hochschulen sind. Von „moralischem Bankrott“ war die Rede. Sonst wird jeder Verdacht einer vermeintlichen rassistischen „Mikroaggression“ auf die Goldwaage gelegt und führt zum Einschreiten der Aufpasser von „Diversity, Equity and Inclusion“ (DEI). Die Hochschulen wollen ein „Safe Space“ sein. Doch gegen Juden – die nach der „anti-kolonialistischen“ linken Ideologie zu den „privilegierten Weißen“ und Kolonisatoren gehören – sollen sogar Mordaufrufe möglich sein? Aus Protest drohen mehrere Großspender, schon versprochene Millionen wieder zurückzuziehen. Wall-Street-Milliardäre wie Bill Ackmann oder Marc Rowan machen Druck. Und 74 Kongreßabgeordnete haben inzwischen den Rücktritt der drei Uni-Präsidentinnen gefordert.
Harvard-Präsidentin Gay weiter unter Druck
Diese versuchten zurückzurudern. Die Juristin Magill bedauerte, daß sie „zu juristisch“ geantwortet habe. Harvard-Chefin Gay erklärte, sie habe sich „nicht genügend konzentriert“, um die klare Antwort zu geben, daß Genozid-Aufrufe abscheulich seien. Magill hat inzwischen ihr Amt als Präsidentin der UPenn niedergelegt. Zu groß war der Druck auf sie geworden.
Gay jedoch will in Harvard Präsidentin bleiben. Mehr als 500 Professorinnen und Dozenten haben sich hinter sie gestellt. Die 53jährige Politologin ist die erste Schwarze an der Spitze der ältesten US-Hochschule, offenbar ist sie gerade bei der linken tonangebenden Schicht sehr beliebt. Die Absagen einiger Spenden kann Harvard leicht verkraften, die Einrichtung besitzt 50 Milliarden Dollar Stiftungsvermögen. Dennoch könnte es sein, daß Gay als Präsidentin nicht mehr zu halten ist. Zudem hat der konservative Aktivist Chris Rufo soeben aufgedeckt, daß sich in Gays Publikationen offenbar recht ungeniert Plagiate finden.
Seit dem Nahostkrieg ist die Stimmung an den US-Unis extrem gereizt und feindselig gegen jüdische Studenten geworden. Nach dem 7. Oktober klagten mehr als 30 Studentenorganisationen in Harvard, überwiegend mit nahöstlichem und muslimischem Hintergrund, allein Israels Regierung „für alle Gewalt“ an und sprachen die Hamas damit völlig frei. Claudine Gay hat sich nur zurückhaltend geäußert. Ganz anders nach der Tötung George Floyds 2020; da veröffentlichte sie ein flammendes, emotionales Statement. Auch wäre undenkbar, daß sie bei der Frage nach einem „Genozid-Aufruf gegen Schwarze“ sagte, es „kommt auf den Kontext an“.
Aus Sicht konservativer Kritiker ist die Schlagseite und Tendenz der Hochschulen offenkundig. Der rechte Publizist und Newsweek-Redakteur Josh Hammer nennt Harvard polemisch die „Hamas University“. Wie ein Krebsgeschwür habe sich linke, „anti-kolonialistische“ Ideologie an den Hochschulen ausgebreitet. Der „DEI-Katechismus“ unterteile die Welt in marxistischer Manier in Unterdrücker und Unterdrückte. Weiße (auch Juden) sind für alle Übel der Welt verantwortlich, dagegen genießen nichtweiße Minderheiten einen ewigen moralischen Opfer-Bonus. Hammer forderte einen kompletten Boykott dieser linksgerichteten Universitäten. Der konservative Politologe Paul Gottfried wundert sich indes im Magazin Chronicles, daß viele eher konservative Großspender erst jetzt aufwachen und sich wundern, was für linksradikale Hochschulen sie über viele Jahre mit ihrem Geld gefördert haben.