Es soll exakt noch 131 Jahre dauern, „bis wir 2154 alle gleichberechtigt sind“. Aber selbst die feministisch stark bewegte Politikwissenschaftlerin und Autorin Antje Schrupp (59) mißtraut dieser frohen Botschaft, die auf Zahlen des Gender Gap Reports basiert. Entwicklungen, wie sie sich gegenwärtig im Iran, in Afghanistan, der Türkei und in Rußland vollziehen, zeigten, daß frauenpolitische Errungenschaften wieder rückgängig gemacht werden könnten. Es sei daher wahrscheinlicher, daß Frauen 2154 weltweit in „patriarchaleren Verhältnissen als heute leben“ (Blätter für deutsche und internationale Politik, 10/2023). Denn Frauenemanzipation sei keine zwangsläufige Begleiterscheinung zivilisatorischen Fortschritts, wie noch der nicht immer glücklich prognostizierende Karl Marx glaubte. Wie heftig die Rückschläge ausfallen können, lasse sich an einer alten, jüngst erneut aufgeflammten Debatte um die Anfänge des Patriarchats ablesen. Ausgangspunkt war in den 1960er Jahren die auf Ausgrabungen gestützte These der Harvard-Archäologin Marija Gimbutas, der zufolge in Südosteuropa und Anatolien zwischen 4.300 und 2.800 v. Chr. mutterrechtlich organisierte friedliche Steinzeitkulturen mitsamt einer Religion der „Großen Göttin“ existierten. Deren steinerne Reste avancierten in den 1990ern zu Wallfahrtsorten von Frauen auf der Suche matriarchalen Wurzeln. Diese egalitären Gesellschaften ohne Geschlechterhierarchien, die erst durch eine Invasion „aus dem Nahen Osten kommender junger Männer“ unterworfen worden seien, bewiesen, daß das Patriarchat weder universell sei und noch eine „natürliche“ Sozialverfassung darstelle.