© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/23 / 08. Dezember 2023

Haltungsnote
„Ich liebe den Geruch“
Gil Barkei

Stolze 89 Jahre Berufserfahrung hat Bäckermeister Werner Kaiser hinter sich und kann trotzdem nicht von seinem Handwerk lassen. Auch mit 103 Jahren backt er immer noch sein Brot selbst. Alles per Hand und im heimischen Ofen in Boppard in Rheinland-Pfalz. Knetmaschinen und gerade ihr Säubern, das sei ihm einfach „zu langweilig“, erzählt Kaiser der „SWR-Landesschau“. Das Mehl mahlt er mindestens einmal die Woche im eigenen Keller ebenfalls selber. „Ich liebe den Geruch und die Natur, die sich hier zeigt, und die Nutzung der Natur.“ 

Eigentlich wollte der gebürtige Sauerländer Tischler werden, aber zwei ältere Brüder arbeiteten bereits in der väterlichen Tischlerei. Also ging es zur Lehre in die Backstube – bis der Zweite Weltkrieg samt einer Tuberkulose-Erkrankung kam. Nach Krieg und Genesung packte Kaiser wieder bei Teig und Wiederaufbau an, holte den Meistertitel nach und gründete eine Familie. Doch die Erfahrung der Entbehrung und Not hat ihn gelehrt, wenig zu schätzen zu wissen: „Wiener Schnitzel muß ich nicht unbedingt haben.“ Am liebsten ißt Kaiser eine Scheibe vom ganz persönlichen Laib des Lebens. „Ich brauche täglich Brot. Brot ist mir das wichtigste.“ Aufschnitt wie Wurst oder Marmelade benötigt er dabei nicht unbedingt, ihm genügen ein paar Messerstriche Butter. Sein Tip, um auch ohne üppigen Belag den Magen zufriedenzustellen: „Man muß nur lange kauen.“