Im Jahr 614 bricht über Jerusalem die Apokalypse herein. Nach tagelanger Belagerung erstürmen persische Heerscharen unter dem Feldherrn Schahrbaraz kurz nach Ostern die Heilige Stadt – mit fatalen Folgen für die christliche Bevölkerung. In den nachfolgenden Tagen massakrieren die Perser 57.000 Christen, weitere 35.000 werden in Gefangenschaft verschleppt.
Der Fall Jerusalems und der Raub des Heiligen Kreuzes, an dem Jesus Christus der biblischen Überlieferung nach den Tod fand, werden von Chosrau II. von Persien triumphal gefeiert. Der selbsternannte „König der Könige“ entstammt der Dynastie der Sassaniden und residiert in Ktesiphon am Tigris in der Nähe des heutigen Bagdad. Er beherrscht ein Reich, das sich von Kleinasien bis zum heutigen Aserbaidschan erstreckt, und ist der geschworene Todfeind von Byzanz, mit dem er seit 603 unablässig Krieg führt. Der Konflikt zwischen Ostrom und dem Sassanidenreich ist nicht nur eine Auseinandersetzung zwischen zwei Großmächten, sondern auch ein Glaubenskrieg. Das Christentum ringt gegen die Lehren Zarathustras. Kreuzes- und Heilandverehrung stehen im Widerstreit zur Anbetung Heiliger Feuer, die in riesigen Tempeln lodern und die Sonne verkörpern.
Die Nachrichten vom Fall Jerusalems und dem Raub des Heiligen Kreuzes erzeugen eine Untergangsstimmung im Byzantinischen Reich, an dessen Spitze Kaiser Herakleios steht. Der Kaiser ist 610 durch einen Putsch an die Macht gekommen und bisher im Kampf gegen die Perser erfolglos, was an der Zerrüttung der staatlichen Finanzen und an der taktischen Überlegenheit der schwer gepanzerten sassanidischen Reiterei liegt. Darüber hinaus bedrohen slawische Stämme und das Reitervolk der Awaren durch Raubzüge die Westgrenze des Reiches.
Herakleios’ Lage ist verzweifelt. Er spielt mit dem Gedanken, seinen Regierungssitz nach Karthago zu verlegen. Sergius, der Patriarch von Konstantinopel, redet ihm die wahnwitzige Idee aus, die den Zusammenbruch des Reiches zur Folge hätte. Im Gegenzug verlangt Herakleios von Sergius, den Kampf gegen die Perser durch Einschmelzung der Kirchenschätze zu finanzieren, was dieser akzeptiert. Als 615 eine persische Armee zum Bosporus vorstößt, wendet der Kaiser ihren Angriff ab, indem er Chosraus Feldherrn Schahin mit Geldgeschenken besticht. Desgleichen verhindert Herakleios durch Tributzahlungen weitere Angriffe der Awaren und Slawen. Das Reich ist vorerst gerettet, Herakleios hat sich wertvolle Zeit erkauft. Er nutzt sie zur Verstärkung der Mauern Konstantinopels und zur Vorbereitung eines Rachefeldzuges gegen die Sassaniden.
Herakleios schafft zuerst die unzuverlässigen Föderaten- und Söldnertruppen ab und führt eine neue Wehrverfassung ein: Wer Soldat wird, erhält automatisch das Bürgerrecht, mehrere Hektar Land und wird einem „Thema“ (Wehrbezirk) zugeordnet, muß allerdings für Rüstung und Waffen selbst aufkommen. Auf diese Weise gewinnt Herakleios Tausende motivierter Soldaten, „Stratioten“ genannt, die er am 5. April 622 nach dem Besuch einer feierlichen Messe in Konstantinopel einschifft. Wenig später geht seine neue Armee in Kilikien an Land, wo sie sich mit den Trümmern der in Syrien und Palästina geschlagenen byzantinischen Truppen vereint. Die Veteranen sind anfangs skeptisch, als sie Herakleios und seine neue Armee erblicken. Schließlich hat der Kaiser noch nie eine Armee kommandiert. Aber Herakleios weiß ihr Vertrauen zu gewinnen. Tag für Tag schult er seine Tausendschaften durch Manöver, Märsche und Scheingefechte. Neue Trompeten- und Fahnensignale werden eingeführt, jede Truppenbewegung genau einstudiert.
Ferner erweist sich Herakleios als guter Menschenkenner. Ihm ist klar: Seine Stratioten brauchen eine heilige Mission. Herakleios gibt sie ihnen. Sie besteht in der Zertrümmerung des zarathustrischen Glaubens, der Rückeroberung Jerusalems und Rückführung des Heiligen Kreuzes. Dieser Anspruch eines Glaubenskrieges findet seinen Niederschlag im obersten Feldzeichen. Zur Heiligen Fahne des byzantinischen Heeres wird ein Christusbild, das der Legende nach durch den Willen des Heilands auf dem Fahnentuch entstanden sein soll. Was heute seltsam anmutet, wirkt in einer Zeit, in der selbst der nichtigste Traum mystisch verklärt wird, Wunder. Die Kreuzzugsidee ist geboren. Von nun an ziehen die byzantinischen Krieger mit einem „Kyrie Eleison!“ („Herr, erbarme dich!“) in die Schlacht gegen die verruchten persischen Feueranbeter.
Der Heilige Krieg zur Rückeroberung des Heiligen Kreuzes hat begonnen. Mit angeblich 120.000 Mann rückt Herakleios von der anatolischen Südküste aus nach Norden ins Taurusgebirge vor, wo er das persische Heer unter Schahrbaraz in mehreren Gefechten vernichtet. Ohne weiteren Widerstand zu finden, besetzen die Byzantiner Römisch-Armenien, wo sie überwintern. Aber Herakleios kann seinen Triumph nicht auskosten. Im folgenden Jahr erzwingt ein Einfall der Awaren seine Rückkehr nach Konstantinopel, so daß der Kaiser erst im Frühjahr 624 seinen Feldzug mit einem Angriff auf Nordpersien fortführen kann.
Entscheidungsschlacht gegen die Perser in den Trümmern von Ninive
Chosrau reagiert sofort und konzentriert bei seiner Königsresidenz in Ganzaka nahe dem heutigen Täbris 40.000 Mann. Gerüchten nach führt er das Heilige Kreuz mit sich, was die Byzantiner sofort mit Kampfeseifer erfüllt. Wie Löwen stürzen sich Herakleios’ Männer auf Chosraus Vorhut und vernichten sie, worauf sich dieser hastig nach Mesopotamien zurückzieht. Als die Byzantiner in Ganzaka das Heilige Kreuz nicht vorfinden, läßt Herakleios Chosraus Palast und einen der ältesten Feuertempel Persiens zerstören. Anschließend wendet sich das byzantinische Heer nordostwärts, wo es Winterquartiere am Kaukasus bezieht. Als der Kaiser 625 wieder nach Armenien vorstößt, kreisen plötzlich drei persische Armeen das kaiserliche Heer bei Tigranocerta ein. Herakleios entrinnt der Falle, indem er die Flucht seines gesamten Heeres vortäuscht, dann überraschend kehrtmacht und die ihn verfolgenden persischen Armeen nacheinander vernichtet.
Nur ein Jahr später schlagen die Byzantiner die Sassaniden an der Brücke vom Sarus, wobei Herakleios in der Schlacht einen hünenhaften Perser im Zweikampf tötet. Doch so schillernd seine Siege sind, sie bringen keine Entscheidung. Herakleios‘ Verluste sind zu hoch. Auch eine Allianz mit den Chasaren zeigt keine große Wirkung, da Konstantinopel zur selben Zeit von 80.000 Awaren und Slawen belagert wird, die mit den Persern verbündet sind. Vergeblich versuchen Slawen und Awaren, die Stadt am Goldenen Horn zu Lande einzunehmen. Die Byzantiner wehren jeden Angriff ab. Die Belagerer geben sich geschlagen und ziehen ab, das Byzantinische Reich ist gerettet. Nach dem Scheitern der Awaren und Slawen vor Konstantinopel greift Herakleios nun Ktesiphon an. Chosrau mobilisiert sein letztes Aufgebot und schickt Herakleios‘ Streitmacht seinen Feldherrn Rhazates mit 12.000 Mann entgegen. Unweit der Ruinen Ninives kommt es am 12. Dezember 627 zur Entscheidungsschlacht. Herakleios tötet Rhazates im Zweikampf, schlägt die Perser in die Flucht und erobert 28 Fahnen. Dann marschiert er auf Chosraus Lieblingspalast in Dastagird zu.
Beim Herannahen der Byzantiner flieht Chosrau unbemerkt von seinem Hofstaat durch ein Loch in der Palastmauer nach Ktesiphon. Als Chosrau seinen Lieblingssohn Merdanschah zum Nachfolger ernennt, stürzt ihn sein ältester Sohn Siroe am 24. Februar 628 mit Hilfe des persischen Großadels. Chosrau wird eingekerkert und vier Tage später ermordet. Kurz darauf bittet Siroe Herakleios um Frieden. Der Kaiser verhält sich maßvoll und fordert von ihm nur die ab 603 eroberten Gebiete und das Heilige Kreuz zurück. Siroe sagt dies zu, kann aber seine Versprechungen nicht einhalten, weil er schon im September 628 gestürzt wird. Erst als sich Schahrbaraz in den folgenden Thronwirren durchsetzt, erlangt Herakleios das Heilige Kreuz wieder, das er 629 im Triumphzug erst nach Konstantinopel, dann ein Jahr später nach Jerusalem zurückführt, was in der Bevölkerung für ekstatische Verzückung sorgt.