© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/23 / 08. Dezember 2023

Erklärung zur Verdreifachung der Kernenergie auf der Weltklimakonferenz
Mathematik und Physik
Jörg Fischer

Markus Krebber stieg zum Chef des Essener Energiekonzerns RWE mit der Ansage auf: „Wir wollen schon 2040 klimaneutral sein.“ Nun folgt im Handelsblatt die Absage an die Atomenergie: „Da gibt es in Deutschland kein Zurück mehr.“ Auch bei den kleinen modularen Reaktoren (SMR) sei in den USA das erste Pilotprogramm wegen Unwirtschaftlichkeit gerade eingestellt worden. Dafür schwärmt er von grünem Wasserstoff, Ammoniak und Methanol. Das hören Politik, Medien, viele Wähler und grüne Investoren gern.

5.000 Kilometer weiter südöstlich wurde bei der Weltklimakonferenz von John Kerry, Joe Bidens Mann für das Klima, ein Gegenprogramm verkündet: 22 Länder – neben den USA Bulgarien, Finnland, Frankreich, Ghana, Großbritannien, Japan, Kanada, Moldawien, die Mongolei, Marokko, die Niederlande, Polen, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Schweden, Südkorea, die Tschechei, die Ukraine, Ungarn und das Gastgeberland Vereinigte Arabische Emirate – verkündeten ihre Erklärung zur Verdreifachung der Kernenergie. Und das mit der Begründung, dies sei die „zweitgrößte Quelle für eine saubere und steuerbare Grundlaststromerzeugung, die Vorteile für die Energiesicherheit mit sich bringt“. Man könne das Ziel von Netto-Null-Emissionen ohne Atomkraft nicht erreichen. „Das ist reine Wissenschaft: Mathematik und Physik“, sagte Kerry. Auch antiwestliche Störenfriede wie China, Indien, Rußland oder der Iran setzen selbstverständlich auf Kernenergie.

Ob so die „Klimaneutralität“ wirklich erreicht wird, ist Glaubenssache. Aber mit einem Argument haben die Atomkritiker recht: Der Neubau von AKW ist teuer. Das 2022 ans Netz gegangene Groß-AKW Olkiluoto 3 (1.600 Megawatt) in Finnland soll mindestens 8,5 Milliarden Euro gekostet haben. Das können sich arme Länder nicht leisten. Und SMR und Dual-Fluid-Reaktoren sind Zukunftsmusik. Umso irrsinniger war der 1990 mit der Abschaltung des AKW Greifswald eingeleitete, 2011 von Schwarz-Gelb forcierte und 2023 von der Ampel vollzogene deutsche Atomaustieg. Der hat nicht nur die Strompreise in die Höhe getrieben und die Energiesicherheit torpediert – er war auch eine Vernichtung von Volksvermögen in letztlich wohl dreistelliger Milliardenhöhe.


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