© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/23 / 08. Dezember 2023

Offenbarung der Woche
Grüne Rache
Christian Vollradt

Manchmal geht es in der Politik zu wie im richtigen Leben. Wenn Beziehungen auseinandergehen, wird’s nicht selten häßlich. Vor allem, wenn der oder die Verlassene mit dem Ende der Liebe nicht klarkommt und auf Rache sinnt. Dann zerschneidet der gehörnte Gatte zum Beispiel das Lieblingskleid der Ex; oder im umgekehrten Fall zerkratzt die Sitzengelassene den Lack am Porsche, mit dem der untreue Ehemann künftig die Rivalin herumzukutschieren gedenkt. Solches wird auf dem (Schlacht-)Feld der Politik freilich nicht buchstäblich nachvollzogen, Anzug, Kostüm oder Dienstkarosse bleiben in aller Regel von Attacken verschont. Doch Hessens Grüne, jüngst nach der Landtagswahl von Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) Knall auf Fall als Koalitionpartner abserviert, um durch die SPD auf der Regierungsbank ersetzt zu werden, haben ein Scheidungsgeschenk der besonderen Art hinterlassen. Die Noch-Regierungs- und Bald-Oppositionsfraktion steckte einigen Journalisten in Wiesbaden den parteiübergreifend von CDU, SPD und FDP ausgeheckten Plan, daß die Landtagspräsidentin und sämtliche Fraktionschefs künftig nicht länger einen Zuschlag von lediglich 50 Prozent zu ihrer Abgeordnetendiät (rund 8.800 Euro) erhalten, sondern diesen auf 75 Prozent zu erhöhen. Das wären dann statt 13.000 mehr als 15.000 Euro pro Monat. Außerdem habe man überlegt, die Zuschläge ruhegehaltsfähig zu machen. Die Empörung folgte auf dem Fuße. Bei den einen über die Nehmerqualitäten der Politiker, bei den anderen über die Indiskretion und den „Verstoß gegen die Regeln des demokratischen Anstands“, so CDU-Fraktionschefin Ines Claus. Die Grünen hätten sich damit als „schlechte Verlierer“ erwiesen. Gewonnen haben sie jedoch in der Sache: Die Gehaltserhöhung ist erst mal vom Tisch. Rache ist eben süß.