© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/23 / 08. Dezember 2023

Ländersache: Nordrhein-Westfalen
Gut gefilzt ist halb befördert
Peter Hemmelrath

Gleich dreimal mußte sich der nordrhein-westfälische Landtag vergangene Woche mit neuen Vorwürfen gegen Landesjustizminister Benjamin Limbach (Grüne) befassen: Zuerst in der inzwischen vierten Sondersitzung des Rechtsausschusses dazu. Dann mußte sich der Sohn der ehemaligen Verfassungsgerichtspräsidentin Jutta Limbach weiteren unangenehmen Fragen im Plenum stellen. Und zuletzt gab es am Freitag eine Aktuelle Stunde zu den möglichen Verfehlungen des Grünen-Politikers. 

Während die AfD-Fraktion bei diesem Thema eher zurückhaltend agiert und klare Positionierungen vermeidet, fordern SPD und FDP schon seit Wochen Limbachs Rücktritt. Und die Liste der gegen ihn gerichteten Vorwürfe ist lang: Zuerst wurde ihm vorgeworfen, er habe mit einer geplanten personellen Umstrukturierung der Kölner Staatsanwaltschaft versucht, eine erfolgreiche Cum-Ex-Ermittlerin, Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker, heimlich zu entmachten. Dann wurde ihm vorgeworfen, von einem Hamburger Untersuchungsausschuß angeforderte Cum-Ex-Ermittlungsakten nicht rechtzeitig geliefert zu haben.

Zuletzt konzentrierten sich die Vorwürfe darauf, er habe eine Duzfreundin in „rechtswidriger“ und „manipulativer“ Manier zur Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG) machen wollen. Der Posten ist seit 2021 vakant. Limbachs Amtsvorgänger Peter Biesenbach (CDU) hatte dem Kabinett bereits 2022 einen neuen OVG-Präsidenten vorgeschlagen. Nach dem Amtswechsel aber soll Limbach das Verfahren neu geöffnet haben. Kurz darauf kam mit seiner Duzfreundin, einer Juristin mit CDU-Parteibuch, die derzeit als Abteilungsleiterin im Landesinnenministerium arbeitet, eine weitere Bewerberin hinzu. Sie bekam dann den Zuschlag. Nachdem zwei unterlegene Kandidaten gegen das ihrer Ansicht nach unfaire Bewerbungsverfahren geklagt hatten, wurde dieses zum Politikum.  

Bei seinen Auftritten im Parlament machte Limbach auch vorige Woche keine gute Figur: So wiederholte er wie ein Mantra dreimal hintereinander: „Es gibt kein Näheverhältnis, auch nicht zu meiner Frau.“ Gleichzeitig aber mußte er einräumen, daß die Bewerbungsgespräche mit anderen Kandidaten von seinem Vorzimmer vereinbart wurden, das mit seiner Bekannten jedoch privat vereinbart wurde und bei einem gemeinsamen Abendessen stattfand. 

Nach anfänglichem Rückhalt für Limbach vermeidet es Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) schon seit Wochen, sich zu dem Fall zu äußern. Und im Ausschuß sprach der CDU-Abgeordnete Gregor Golland zwar vom „Versuch, einen kompetenten Minister zu beschädigen“, doch blieben seine Ausführungen kurz und leidenschaftslos. Eine Entlassung Limbachs wäre ein schwerer Rückschlag für das von Wüst so sorgfältig gepflegte Image der lautlos und skandalfrei arbeitenden Landesregierung. Sollte aber Limbach weiter im Amt bleiben wollen und sollten SPD sowie FDP ihre Drohung eines Untersuchungsausschusses wahrmachen, wäre der umstrittene Minister eine noch viel schwerere Hypothek für die schwarz-grüne Koalition.