Die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch muß 1.000 Euo zahlen, weil sie den Abgeordneten Markus Ganserer (Grüne) im Bundestag einen Mann nannte. Das ist insofern beachtlich, als daß Markus Ganserer tatsächlich ein Mann ist – und das nicht nur biologisch, sondern auch immer noch juristisch. Umtragen lassen hat sich der studierte Forstwirt und Vater zweier Kinder bis heute nicht.
Die Strafe gegen die AfD-Abgeordnete nimmt damit ein Gesetz vorweg, das noch gar nicht in Kraft ist. 10.000 Euro Bußgeld sieht das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz künftig für diejenigen vor, die es wagen, biologische Realitäten zu benennen. Wer Ganserer dann mit seinem männlichen Vornamen anspricht, könnte also noch deutlich stärker zur Kasse gebeten werden.
Mit dem geplanten Gesetz wird das, was von Storch erlebt hat, zur Realität aller. Allein deshalb sollte Solidarität gerade für uns Frauen keine Frage der Parteizugehörigkeit sein. Hier geht es um etwas Grundsätzliches. Um die Frage, ob man die Realität noch benennen darf oder nicht. Ob Geschlecht als biologische Kategorie abgeschafft und zum bloßen Gefühl erklärt wird, das sich von Zeit zu Zeit ändern kann.
Kritiker des Gesetzes verweisen vor allem auf die Konsequenzen für Kinder und Jugendliche. Bis zum Alter von 14 Jahren sollen Eltern über das Geschlecht ihres Kindes entscheiden können. Im Gesetzentwurf heißt es dazu, daß bei bei Minderjährigen deren gesetzliche Vertreter die Erklärungen zur Änderung des Geschlechts-eintrags und der Vornamen für die Person abgeben können. Wer solche Szenarien für abwegig hält, sollte einmal einen Blick auf Plattformen wie TikTok werfen, auf denen Eltern mit besonderem Aufmerksamkeitsbedürfnis ihre Kinder als „trans“ vermarkten und damit Reichweite generieren. Was früher die Münchhausen-Mutter war, sind heute die Eltern, die ihrem Kind einreden, im falschen Körper zu stecken und es damit vor die Kamera zerren.
Zugleich schränkt das Gesetz die Rechte der Eltern ein, die sich gegen das Resultat der Ideologisierung ihres Kindes zur Wehr setzen. Ab 14 Jahren entscheidet nämlich plötzlich das Kind über sein Geschlecht. Eltern, die nicht mitspielen, sollen dann künftig vor das Familiengericht gezogen werden können. Dabei belegt die Forschung, daß die meisten Kinder und Jugendlichen, die zeitweise an einer Geschlechtsdysphorie leiden, dies im Laufe der Zeit revidieren und sich mit ihrem biologischen Geschlecht aussöhnen.
Nun könnte man insistieren, daß das Selbstbestimmungsgesetz keine medizinischen Eingriffe regelt und das Kind einen Geschlechtseintrag auch wieder ändern könne, wenn es sich eines Tages umentscheidet. Die Wahrheit ist jedoch, daß mit diesem Gesetz der Weg zu operativen Eingriffen und Hormonbehandlungen auch bei Kindern und Jugendlichen massiv vereinfacht wird. So arbeiten die Grünen bereits jetzt daran, daß auch die psychologischen Gutachten und Auflagen, die bis dato für eine Kostenübernahme der Krankenkasse bei entsprechenden Behandlungen Voraussetzung sind, wegfallen. Die Hürden, sein Geschlecht operativ „angleichen“ zu lassen, sollen also, ebenso wie die personenstandsrechtlichen Hürden, komplett abgebaut werden.
Gerade einmal 54 geschlechtsangleichende Operationen gab es 2007 bei den 15- bis 25ährigen in Deutschland. 2021 waren es schon 917. Weltweit explodieren die Zahlen der Kinder und Jugendlichen, die sich einem anderen als ihrem biologischen Geschlecht zugehörig fühlen. Das hat weniger mit einer Welt zu tun, in der es einfacher geworden ist, zu seinem „wahren Ich“ zu stehen als mit einer Welt, in der strauchelnde Teenager vermeintlich einfache Wege zur Generierung maximaler Aufmerksamkeit suchen.
Hier handelt es sich, anders als es uns öffentliche Beispiele von älteren Männern in Frauenkleidern suggerieren, vor allem um Mädchen, die ihrem biologischen Geschlecht entfliehen wollen. Meist sind es junge Frauen, die nicht in die gängigen Geschlechterrollen passen. Lesbische Frauen, Mädchen, die einen Ausweg aus ihrer als falsch wahrgenommenen Homosexualität suchen.
Trans, das ist eben auch immer ein Stück weit Konversionstherapie für Schwule und Lesben in einer Welt, in der die so verhaßten Geschlechterstereotype plötzlich ausgerechnet von woker Seite eine Revitalisierung erfahren.
Eine andere Form von Geschlechterstereotypen äußert sich im Verhalten und Kleidungsstil von vermeintlichen Trans-Ikonen wie Markus Ganserer. Wenn er, wie in der vorigen Woche, in einer Sitzung des Familienausschusses mit einem transparenten Negligé sitzt, dann ist das nicht nur eine Verhöhnung aller wirklichen Frauen, die sich im Ringen um berufliche Anerkennung niemals leisten könnten, so auf der Arbeit zu erscheinen, es ist vor allem auch das pornofizierte Frauenbild von Männern wie Ganserer, das hier deutlich sichtbar wird.
Und das ist ein Punkt, der in der ganzen Debatte um das Selbstbestimmungsgesetz zumeist völlig untergeht: Es wird mit Kinderrechten argumentiert, mit Frauen, die Angst um ihre Schutzräume haben, aber nie wird an dem Begriff Trans an sich und wer sich ihn zu eigen macht, gerüttelt. Dabei gibt es nicht wenige Personen, die nun auf der Trans-Welle surfen, aber gar keine Transpersonen – sondern Männer – sind, deren Fetisch eskaliert ist und denen es einen besonderen Kick bereitet, wenn man andere Teile der Gesellschaft künftig per Gesetz dazu zwingen kann, diesen Fetisch als Geschlecht anzuerkennen.
So wäre es im Hinblick auf die voraussichtlich geplante Verabschiedung des Gesetzes am 15. Dezember wichtig, zu erkennen, daß das Selbstbestimmungsgesetz in erster Linie eben kein Instrument ist, um den Leidensdruck von wirklichen Transpersonen zu nehmen, sondern ein Herrschaftsintrument linker Ideologen und Fetisch-Typen gegenüber all jenen, die es immer noch wagen, festzustellen, daß der Kaiser nackt ist.
Anabel Schunke, Jahrgang 1988, ist Kolumnistin der Schweizer „Weltwoche“.