© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/23 / 01. Dezember 2023

Brüssel verteidigt seine Geldverteilung
EU-Finanzhilfe für Palästina: Freie Bahn für die künftige Unterstützung der Palästinenser
Sandro Serafin

Anderthalb Monate nach den Hamas-Massakern in Israel hat sich die EU-Kommission eine weiße Weste für ihre Milliardenzahlungen an die Palästinenser bescheinigt: „Die Überprüfung hat bestätigt, daß die bestehenden Schutzvorkehrungen wirksam sind“, faßte Präsidentin Ursula von der Leyen die Ergebnisse einer Untersuchung zusammen. Es sei bislang „nicht nachgewiesen“, daß Gelder zweckentfremdet wurden, hieß es aus der Kommission, die die Prüfung zwei Tage nach dem Hamas-Überfall angekündigt hatte. Kritiker werfen der EU vor, Terror und Hetze zu finanzieren.

Laut EU wurden 119 Verträge über 331 Millionen Euro untersucht; 88 Prozent wurden bereits als unbedenklich freigegeben. Die Untersuchung betrifft etwa Unterstützung für die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland und das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge UNRWA, aber auch Zahlungen an zivilgesellschaftliche Organisationen, nicht jedoch „humanitäre Hilfe“. Dabei fragte die Kommission zunächst, inwiefern Projekte aufgrund der durch den Krieg veränderten Umstände derzeit noch umsetzbar sind. Hier kommt der Bericht zu dem Schluß, daß Vorhaben im Wert von 75,6 Millionen Euro nicht durchführbar seien, so der Bau einer Entsalzungsanlage im Gazastreifen.

Zudem führten die Prüfer eine Risikoanalyse im Hinblick auf eine Umleitung von Geldern und Aufhetzung zu Gewalt durch Hilfeempfänger durch. Die Kommission schickte Briefe an alle zivilgesellschaftlichen Organisationen mit der Bitte, einen Überblick über Maßnahmen zu geben, die sie zur Einhaltung von EU-Regeln umsetzen. In Fällen von Aufhetzung durch Nehmerorganisationen würden zudem weitere Briefe mit der Bitte um Klarstellung verschickt, heißt es in dem Bericht. Davon sind zwei Projekte betroffen. Um welche es konkret geht, wollte eine Sprecherin auf JF-Nachfrage nicht sagen. Sie betonte, daß die Zahlungen fortgeführt würden, sobald „zufriedenstellende Klarstellungen“ vorlägen. Wie auch die JUNGE FREIHEIT (43/23) berichtete, hatten EU-geförderte Organisationen den Terrorangriff der Hamas als „Reaktion auf eskalierende israelische Verbrechen“ verklärt. Künftig sollen Aktivitäten zivilgesellschaftlicher Organisationen mit Hilfe eines „internationalen Unternehmens“ beobachtet werden.

Für Sozialleistungen, die durch die EU über die Autonomiebehörde ausgezahlt werden, stellt der Bericht fest, daß nach einer Prüfung im Herbst 2022 29 potentielle Empfänger von Zahlungen ausgeschlossen worden seien. Für die Prüfung würden etwa Gefangenenlisten herangezogen. Der Bericht merkt an, daß Verwandte ersten Grades von Empfängern nicht genau unter die Lupe genommen würden. Dies „könnte“ künftig geändert werden, heißt es. Mit Blick auf die UNRWA verweist der Bericht auf ein System, das diese entwickelt habe, um ihre Neutralität sicherzustellen. Der UN-Organisation sei ein Brief geschickt worden, um Informationen zu zusätzlichen Maßnahmen zu erfahren. Die israelische Organisation NGO Monitor kritisierte die EU-Untersuchung, diese sei nicht sorgfältig genug.