Herr Rumberg, Bürgermeister und Landräte sind die neuen, heimlichen Stars der deutschen Talkshows. Haben Sie auch schon eine Einladung bekommen?
Uwe Rumberg: Nein. Bis jetzt hat bei mir in Freital noch kein TV-Sender angefragt.
Würden Sie denn hingehen?
Rumberg: Wenn eine offene Sachdiskussion möglich wäre, dann würde ich es mir überlegen. Doch leider fehlt zu oft die politische Ausgewogenheit. Und wenn da ein vermeintlich Konservativer sitzt, wird er vom Rest der Runde und im Nachhinein nochmal von den Medien quasi „gelyncht“.
Was – wären Sie eingeladen – würden Sie als Oberbürgermeister den Journalisten und Politikern, die in solchen Talkrunden sitzen, ins Stammbuch schreiben?
Rumberg: Unser Land braucht dringend eine Rückbesinnung auf alte deutsche Werte und, wie man bei Ihnen in Berlin vielleicht sagen würde, preußisches Beamtentum.
Oha, soll heißen?
Rumberg: Das bedeutet im Grunde eine selbstverständliche Gesetzes- und Staatstreue zum Wohle der Allgemeinheit. Das ist die Voraussetzung, um die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Lamentieren und in Talkshows über Regulatorik oder wer an was schuld ist zu schwadronieren, bringt nichts. Was wir brauchen, ist die Entfesselung der Kreativität der Menschen im Sinne einer echten sozialen Marktwirtschaft Erhard´scher Prägung und keinen Pseudokommunismus! Nicht zu vergessen, daß die verantwortlichen Politiker einen Amtseid zum Wohl des deutschen Volkes geleistet haben.
Äh, „Pseudokommunismus?“
Rumberg: Damit meine ich den sprichwörtlichen Wolf im Schafspelz. Die Eingriffe der Politik in die soziale Marktwirtschaft sind schleichend: immer mehr Regularien, Verbote und Subventionen, anstatt auf Freiheit und Eigenverantwortung zu setzen. Wir haben sehr sensible Antennen, wenn sich unsere Gesellschaft verändert.
Einige Ihrer Kollegen haben den Schritt in die Medien gewagt – aber hat die Politik im Sinne der Kritik dieser Bürgermeister und Landräte etwas verändert?
Rumberg: Bislang konnte ich das leider nicht feststellen. Und ehrlich gesagt, glaube ich auch nicht, daß Talkshowauftritte von Kommunalpolitikern unter den politischen Gegebenheiten etwas bringen.
Warum nicht?
Rumberg: Weil unser Staatswesen dermaßen überreguliert ist, daß einfaches, verständliches und damit auch wirtschaftliches Handeln kaum noch möglich ist.
Zum Beispiel?
Rumberg: Etwa werden trotz ständiger Mahnung die Kommunen von Bund und Ländern permanent unterfinanziert. Und Probleme wie die heruntergekommene Infrastruktur oder die Folgen unkontrollierter Einwanderung werden nicht ernstgenommen.
Moment, der Bundeskanzler hat doch versprochen, es werde konsequent im großen Maßstab abgeschoben.
Rumberg: Seit 2015 wurde kaum Wirkungsvolles unternommen, die Masseneinwanderung tatsächlich zu minimieren oder die Abschiebepflicht konsequent durchzusetzen. In unserem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge gibt es abgelehnte Asylbewerber, die seit über zehn Jahren nach Recht und Gesetz abgeschoben werden müßten! Und das ist nicht nur bei uns so. Offizielle Quellen sprechen von über 300.000 Personen, bei denen die Abschiebung längst hätte vollzogen werden müssen. Aber auch dieses Jahr werden wohl kaum mehr als 15.000 abgeschoben. Wenn das in diesem „Tempo“ weitergeht, benötigen wir zwanzig Jahre zum Vollzug nur dieser Ausweisungen! Deshalb ist es auch blanke Illusion zu glauben, daß Abschiebungen allein etwas bringen, ohne dauerhaften Zuzug zu stoppen.
Also?
Rumberg: Die Bundesregierung müßte gleichermaßen die Anreize, insbesondere die Finanzleistungen abschaffen.
Auf dem Bund-Länder-Migrationsgipfel im Kanzleramt Anfang des Monats wurden unter anderem doch die Kürzung von Leistungen, strengere Grenzkontrollen, eine Erhöhung der Flüchtlingspauschale sowie mehr Hilfe für Kommunen beschlossen.
Rumberg: Beschlüsse sind das eine, konsequente Umsetzung das andere. Zu glauben, strengere Grenzkontrollen allein lösen das Problem, ist zu kurz gedacht. Es muß auch um die Beseitigung der Fluchtursachen gehen sowie das Durchbrechen der Zuwanderungsmechanismen und die Abschaffung der Anreize, vor allem nach Deutschland zu kommen. Da ist also noch mehr Handeln nötig. Statt Unsummen für die Versorgung hier in Deutschland auszugeben, müßte Ziel sein, daß die Menschen in ihrer Heimat eine Zukunft haben. Dafür muß auch die bisherige Entwicklungshilfepolitik auf den Prüfstand.
Im Internetradio „Kontrafunk“ haben Sie gesagt, Geld sei schon lange nicht mehr das Problem, sondern Platz. Mit 2.600 bewilligten Asylbewerbern und 160 weiteren im Anerkennungsverfahren sei in Freital alles belegt. Was passiert, wenn dennoch weiter Migranten kommen? Weisen Sie die zurück? Bauen Sie Zeltstädte?
Rumberg: Wir Bürgermeister der kreisangehörigen Städte können niemanden zurückweisen, da nicht wir für die Umsetzung der Asylpolitik direkt zuständig sind, sondern die Landkreise. Uns sind also die Hände gebunden, während wir die Pflicht haben, dem Kreis zu helfen. Das ist keine dankbare Aufgabe und ich sage immer wieder in aller Deutlichkeit: „Wir haben keinen Platz mehr!“
Also was passiert dann?
Rumberg: Wenn die Zuwanderung so weitergeht, werden wieder Gebäude öffentlicher Infrastruktur, wie Turnhallen, in Beschlag genommen beziehungsweise Zelte oder Container aufgestellt. An die Auswirkungen auf das Zusammenleben mit der Bevölkerung möchte ich lieber nicht denken.
Die „Bild“-Zeitung berichtet, Sie hätten sogar schon im August gemeldet, daß in Freital fast nichts mehr geht.
Rumberg: Ja und wenn es jährlich eine Netto-Zuwanderung von mehreren hunderttausend Menschen gibt, bedeutet das – neben dem Zuzug völlig anderer Kulturen –, daß wir jährlich mehrere größere Städte neu bauen müßten. Das ist alles Utopie und wir sollten endlich aus dem Traumland erwachen! Ich möchte übrigens betonen, daß wir Menschen, die wirklich in Not sind, helfen sollten. Doch gibt es Regeln und alles muß nach Recht und Gesetz und nicht gegen die eigenen Leute geschehen: Finanziell ausgeblutet, ohne Kapazitäten und Handlungsspielräume sind wir hilflose Helfer und helfen am Ende niemandem mehr.
„Finanziell ausgeblutet“? Sagten Sie im Kontrafunk nicht, Geld sei schon lange nicht mehr das Problem?
Rumberg: Was ich meinte ist, daß es ein Irrglaube ist, anzunehmen, Migrations- und Integrationsprobleme ließen sich allein mit Geld aus der Welt schaffen. Aber Geld ist schon ein grundsätzliches Problem. Wie erwähnt, sind die Kommunen chronisch unterfinanziert, weil die Mittel für Kriegsgerät, „Energiewende“ oder eben Migration ausgegeben werden. Dazu kommt die allgemeine Preissteigerung sowie, daß die Kommunen im Freistaat Sachsen auch noch weniger Schlüsselzuweisungen erhalten, während die Kosten der Unterbringung und Integration eine höhere Kreisumlage für den Landkreis bedeuten. Zudem gehen die Gewerbesteuern deutlich zurück: Unsere energieintensiven Unternehmen kämpfen mit hohen Energiepreisen und sind Verlierer im internationalen Wettbewerb. Das sind nicht zuletzt die Auswirkungen der verfehlten grün-roten Wirtschaftspolitik.
Welche Folgen hat das in Freital konkret?
Rumberg: Auswirkungen hat das auf die freiwilligen Aufgaben, die Vereinsförderung, den Schulhaus- und Kindergartenbauten oder andere Investitionsmaßnahmen, wie etwa die dringend nötige neue Feuerwache. Auch können weniger Straßen saniert werden. Im schlimmsten Fall müssen Kredite aufgenommen werden, was zur weiteren Belastung kommender Generationen führt.
Sie sprechen auch von der Überlastung der Infrastruktur. Doch beträgt der Anteil der Asyleinwanderer an der Bevölkerung Freitals 6,5 Prozent. Das klingt doch gar nicht so viel.
Rumberg: Wir haben 40.000 Einwohner und die Infrastruktur ist auf diese Anzahl Menschen – Familien, Junge, Alte, Gesunde und Kranke – ausgerichtet. Doch befinden wir uns seit Jahren im Krisenzustand und die Zuwanderung bedeutet etwa knapper werdenden Wohnraum, Überlastung des pädagogischen Personals, Sprachprobleme inklusive, Überforderung der Sozialsysteme und auch Entstehung von Parallelgesellschaften.
Sie gehören zu jenen Kommunalpolitikern, die bereits 2015 gewarnt haben, als viele Bürgermeister noch verkündeten: „Wir haben Platz!“ Was haben Sie damals, frisch ins Amt gewählt, vorausgesagt?
Rumberg: Eben die Zustände, die wir nun sehen. Man muß kein Prophet sein, es genügte gesunder Menschenverstand, um das vorherzusehen. Schauen Sie sich die Entwicklung in unserem Land an. Im Grunde ist eingetroffen, was viele befürchtet und artikuliert haben: Glaubensfanatismus, Intoleranz und Antisemitismus bei uns haben nach Wahrnehmung vieler vor allem auch mit der Zuwanderung zu tun. Aber alle Kritiker wurden mit medialer und politischer Ausgrenzung und Stigmatisierung kleingehalten. Das aber ist einer pluralistischen Demokratie unwürdig und nicht akzeptabel. Die kritischen Stimmen mehren sich nun, da die Probleme unbeherrschbar werden. Es wird Veränderungen geben, hoffen wir auf gute!
2020 sind Sie aus der CDU ausgetreten. Warum?
Rumberg: Das Miteinander in der einst großen Volkspartei CDU war in unserem Ortsverband bereits lange gestört. Der Eindruck, daß kontroverse Diskussionen nicht erwünscht waren, verfestigte sich immer mehr. Neben der Migrationspolitik gab es auch andere Meinungen zu den Corona-Maßnahmen, die das Faß zum Überlaufen brachten. Das Anbiedern der CDU an grüne und linke Parteien und so das eigene bürgerliche Profil zu verwässern, war ein weiterer Aspekt für diesen Schritt. Unsere Wählervereinigung „Konservative Mitte“ steht dagegen für eine offene Diskussionskultur für und mit den Menschen Freitals: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!
In der „Sächsischen Zeitung“ haben Sie eine Arbeitspflicht für Asylbewerber gefordert. Inwiefern würde die das Problem lösen?
Rumberg: Mir geht es dabei um den Grundsatz, daß man für eine Leistung auch etwas erbringen muß. Denn statt der „versprochenen“ Wissenschaftler, Ingenieure, Fachärzte und -kräfte sind doch überwiegend Zuwanderer gekommen, die wenig oder keine Qualifikation haben und in unserer hochentwickelten Wirtschaft nicht einsetzbar und von Anfang an auf unser Sozialsystem angewiesen sind. Mit der Arbeitspflicht meine ich also eine Gegenleistung dafür, daß der deutsche Steuerzahler ihren Lebensunterhalt unterstützt und finanziert. Außerdem würde sich herumsprechen, daß Deutschland kein „Schlaraffenland“ ist.
Gibt es überhaupt genug Arbeit?
Rumberg: Gemeinnützige Arbeit gibt es massenhaft, und dabei könnten Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten erworben werden. Dann kann auch Arbeitsmarktintegration besser gelingen. Qualifizierte, die sich an unsere Regeln mit allen Rechten und Pflichten halten, können wir auf dem Arbeitsmarkt gut gebrauchen, solange wir dafür die nötigen Ressourcen und einen Bedarf an Arbeitskräften haben.
Wie wirkt sich nach Ihrer Ansicht das neue Bürgergeld auf dieses Problem aus?
Rumberg: Klar geht damit die „Lust“ am Arbeiten weiter in den Keller. Nicht nur bei Flüchtlingen, denn wenn man mit Bürgergeld vom Steuerzahler mehr monetäre Leistungen bekommt als Gehalt in Berufen mit Tarifvertrag, dann geht der Anreiz zum Arbeiten gegen Null. Auch das sind grün-sozialistische, nicht erfüllbare Träume, die dringend rückgängig zu machen sind.
Kulturelle Integration stellt sich die Politik so vor: Ausländer besuchen Kurse und haben dann alles Nötige intus. Wie sieht diesbezüglich die Realität aus?
Rumberg: Die Frage können meine Kollegen aus Großstädten oder den alten Bundesländern wohl besser beantworten. Dort, wo seit Jahrzehnten Migration stattfindet und Integration versucht wird, beobachtet man auch die Bildung von Parallelgesellschaften und Clanstrukturen. Das zeigt, die Bereitschaft „Deutscher“ zu werden, nach unseren Gesetzen und Regeln zu leben, ist nicht durchweg erkennbar. Denken Sie an die jüngsten Aufmärsche oder Demonstrationen in deutschen Großstädten. Es sind Menschen zu uns gekommen, die sich zu Hause oder an den Grenzen ihrer Heimatländer mit Waffen gegenüberstünden. Nun treffen sie hier aufeinander – wir holen die Konflikte also in unser Land. Da drängt sich die Frage auf: warum? Wer steckt hinter den Konflikten? Wessen Interessen werden damit verfolgt?
Wie lautet Ihre Antwort?
Rumberg: Tja ... Auf jeden Fall importieren wir nicht massenhaft Arbeitskräfte, sondern massenhaft Probleme. Wir sollten endlich begreifen, daß es nicht folgenlos möglich ist, eine multikulturelle Welt in unserem Land zu kreieren. Unsere Welt ist bunt, aber wir sollten die Farben auf der Erdkugel dort lassen, wo sie sind. Dafür sind gute Lebensbedingungen vor Ort notwendig und natürlich Friede. Deshalb unser „Freitaler Appell“: Schluß mit Waffenlieferungen, und durch Verhandlungen Frieden schaffen! Lassen wir die Völker souverän, friedlich und auf Augenhöhe miteinander leben, arbeiten und Handel treiben.
Uwe Rumberg, ist Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Freital vor den Toren der Landeshauptstadt Dresden. Seit 2015 führt der Diplomingenieur die 40.000-Seelen-Gemeinde, in der er 1958 geboren wurde. 1990 trat er der CDU bei, die er 2020 wieder verließ. Seit 2021 ist er Mitglied der Konservativen Mitte, die aus dem CDU-Stadtverband entstanden ist.