Die Kanzlerin verkündete 2015: „Wir schaffen das!“ Die Folgen sind bekannt. Ihr Nachfolger versprach 2021: „Wir schaffen das nie wieder ab!“ Doch zum Leidwesen der Gastronomie und ihrer Gäste vergaß es Olaf Scholz und drehte sich um 180 Grad: Seine Ampel hat beschlossen, die Umsatzsteuer auf Speisen von sieben auf 19 Prozent zu erhöhen. Damals war, bedingt durch die Corona-Lockdowns, der Umsatz im Gastgewerbe um knapp 40 Prozent eingebrochen. Jetzt, da eine Erholung in Sicht ist, wird eine vierköpfige Familie, die für 80 Euro speist, ab Januar 89 Euro hinblättern müssen. Wenn es dabei bleibt – denn höhere Inflationsraten, steigende Mieten und Pachten sowie die Erhöhung des Mindestlohnes setzen die Branche zusätzlich unter Druck.
Das Essen im Restaurant wird für viele unerschwinglich. Und steuersystematisch ist das ganze ein Schuß in den Ofen, profitieren doch Fast-Food-Ketten und Anbieter von Fertiggerichten weiter vom siebenprozentigen Steuersatz. Sie sind ohnehin auf Expansionskurs und werden den kleineren, mittelständisch geführten Unternehmen das Leben noch schwerer machen. Geht man von einem Gesamtumsatz von 83 Milliarden Euro aus, dann entsprechen zwölf Prozentpunkte circa zehn Milliarden Euro Steuermehreinnahmen – auf dem Papier. Insgesamt sind das nur ein Prozent der gesamten Steuern, denn diese dürften im kommenden Jahr erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik die Billionengrenze reißen. Der Sachverständigenrat schätzt 1.010 Milliarden Euro, nach 960 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Der Staat hat nun wirklich kein Einnahmeproblem, wenn man bedenkt, daß sich die gesamten öffentlichen Einnahmen – etwa unter Einrechnung der Sozialabgaben – von 1,9 auf zwei Billionen Euro (2024) hochschrauben.
Die zehn Milliarden Zusatzeinnahmen sind teuer erkauft. Denn weitere Gaststätten müssen schließen, Arbeitskräfte werden entlassen oder gar nicht erst eingestellt. Vorgelagerte Bereiche wie die Landwirtschaft werden ebenfalls Einbußen erleiden. Touristen werden ihren Urlaub im Ausland verbringen, zumal in fast der gesamten EU die Umsatzsteuern geringer sind. Auch die Gewerbesteuer wird sinken, so daß unterm Strich manch ein Kämmerer den Rotstift ansetzen muß. Nach der De-Industrialisierung ist jetzt die De-Gastronomisierung angesagt.