Mitten in der Hauptstadt, nahe dem wiederrichteten Stadtschloß, soll ein Einheitsdenkmal an die Friedliche Revolution im Herbst 1989 erinnern. So hat es vor mittlerweils schon 16 Jahren der Bundestag beschlossen. Und tatsächlich wird seit Mai 2020 am einem Fundament dafür gebaut. Wo aber ist das eigentliche Denkmal abgeblieben, jene Schale aus Metall, die die Menschen in Bewegung setzen sollten?
In einer Montagehalle im ostwestfälischen Sternwede wurden Reporter des Spiegels fündig. Hier ist der Rumpf des künftigen Denkmals zu sehen: ein Tragring und 32 Teile in Form von Tortenstücken. 120 Tonnen schwer und aus fünf Millimeter dünnem Schwarzstahlblech von Richard Rohlfing und seinen Mitarbeitern zusammengeschweißt.
Der könnte stolz auf das Geschaffene sein, was er aber nicht ist, da er mit dem Stuttgarter Architektenbüro, das als Generalübernehmer fungiert, über Kreuz liegt. Es geht um Mehrkosten, die keiner übernehmen will. Und als einziger scheint sich Rohlfing Gedanken darüber gemacht haben, wie die Metallkonstruktion aus Nordrhein-Westfalen überhaupt an die Spree gelangen soll: „Zwanzig Schwertransporte in Überbreite würden reichen, das Zentralelement in der Mitte müßte man allerdings zerschneiden“, hat er den Journalisten vorgerechnet.
Noch ist ungewiß, wann das Freiheits- und Einheitsdenkmal realisiert wird. Bisher wurde kein Termin eingehalten. Die Ursachen sind vielschichtig: überwuchernde Bürokratie, strittige Zuständigkeiten, fehlendes Geld. Die wichtigste ist aber wohl eine allgemeine Teilnahmslosigkeit. Eine „Mischung von Ablehnung, Desinteresse, Überdruß und Kleinkariertheit“ beklagt Wolfgang Thierse. Der ehemalige Bundestagspräsident hielte es für eine „eine politische Katastrophe“ für das Land, wenn das Denkmal nie fertiggestellt würde.
Ein Denkmal mit Bodenhaftung und Weitblick sollte es werden. Und von großer Symbolhaftigkeit: eine begehbare Schale, die sich durch das Gewicht der Besucher langsam nach beiden Seiten neigen sollte. „Bürger in Bewegung“ nannten das die Erfinder, „Einheitswippe“ spotteten die Steuerzahler.
2019 verstrich das 30. Jubiläum der Revolution. Die veranschlagten Kosten sind auf 17 Millionen Euro gestiegen und steigen weiter. Aber der Haushaltsausschuß verweigert weitere Gelder. Und inzwischen geht es auch um die Frage, ob das Denkmal überhaupt kommt. Die Einheit als ewige Baustelle? „Inzwischen fragen sich viele: Wer will das millionenschwere Bauwerk eigentlich noch?“ heißt es beim Auslandssender Deutsche Welle.
Aktuell liegt der Ball bei Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) als Bauherrin. Diese läßt mitteilen, daß sich alle Beteiligten „um eine schnelle Fertigstellung“ bemühen würden. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung rechnete mit einer Fertigstellung in diesem Jahr. Das Stuttgarter Büro Milla & Partner nannte bereits „vor einiger Zeit“ 2024 als Datum für die Realisierung. Fest steht, in diesem Jahr wird es nicht mehr fertiggestellt. Aktuell fehlen zudem noch 2,5 Millionen Euro.