Es ist eine Situation mit sozialem Sprengstoff. Während Tausende Berliner keine Wohnung mehr finden, Sozialunterkünfte aus den Nähten platzen und die Tafel-Vereine kaum noch alle bedürftigen Menschen versorgen können, logieren in Berlin zumeist illegal ins Land gereiste Migranten in bester Lage in einem Luxushotel mit 72 Zimmern und acht Suiten in unmittelbarer Nähe zum noblen Kurfürstendamm.
Was sich wie ein Scherz oder „Fake-News“ anhört, ist Realität. Bezahlt vom Berliner Senat, der sich bei der Asyllobby-Organisation Seebrücke als sogenannter „Sicherer Hafen“ hat eintragen lassen. Mit der Bereitschaft verbunden, mehr Migranten in der Stadt aufzunehmen.
Bei der Nobelunterkunft handelt es sich um das Dormero Hotel – Berlin Ku’damm, ein Edel-Altbau aus der Gründerzeit, nahe am berühmten Kaufhaus des Westens, kurz KaDeWe, und dem Bahnhof Zoologischer Garten gelegen. Statt Hotelgästen wohnen hier nun hundert Einwanderer aus Syrien, der Türkei und Afghanistan. Ab dem 1. Dezember soll sich ihre Zahl auf 166 erhöhen.
Pro Migrant und pro Tag zahlt der Senat dem Hotelbetreiber einen Pauschalbetrag in Höhe von 56,36 Euro. Steuergeld von mehr als 9.000 Euro pro Tag und somit rund 280.000 Euro im Monat. Das Hotel sei „speziell für Familien“ und „bis Ende Juni gemietet“, teilt Michael Berger, Prokurist der Dormero Deutschland Betriebs GmbH, auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT mit. Was bedeutet, daß das Unternehmen für die Unterbringung der Asylbewerber bis zum Sommer nächsten Jahres knapp zwei Millionen Euro vom Staat erhalten wird. Trotz „All-Inclusive“-Pauschale, bei der die Kosten für Sicherheitsdienst, Reinigung, Verwaltung und soziale Betreuung bereits eingepreist sind, ein äußerst lukratives Geschäft. So lukrativ, daß reguläre Hotelbuchungen von der Nobelherberge inzwischen nicht mehr angenommen werden.
Doch in den Augen der Firma ist es für beide Seiten ein gutes Geschäft: „Dies zeigt deutlich, daß die temporäre Unterbringung in Hotels die bessere und günstigere Art und Weise der Unterbringung ist, als öffentliche Einrichtungen teuer und für viel Geld umzuwandeln“, schreibt Dormero der JF. Es klingt wie ein Bewerbungsschreiben für weitere Staatsaufträge dieser Art.
Tatsächlich ist Berlin auch bei weitem nicht der einzige Standort der Hotelkette, in dem Migranten untergebracht sind. Auch in Dresden, Stuttgart und Frankfurt sind Dormero-Hotels mit Flüchtlingen und Migranten belegt. Anfang vergangenen Jahres hatte Dormero unmittelbar nach dem Überfall Rußlands auf die Ukraine bereits Flüchtlinge in seinem Haus in Hoyerswerda untergebracht. Damals waren die Zimmer noch vom Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer angemietet worden, der pikanterweise Ende der neunziger Jahre noch durch seine finanzielle Unterstützung des Bundeskanzlers und späteren russischen Gas-Lobbyisten Gerhard Schröder (SPD) für Schlagzeilen sorgte. Maschmeyer sitzt mit der ehemaligen Bundestagsabgeordneten Dagmar Wöhrl (CSU) in der Jury der beliebten Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“. Dabei war es zu der Idee der Unterbringung von Flüchtlingen in Hotels gekommen.
Ausgerechnet in jener Hotelgruppe, in der Dagmar Wöhrls Sohn Marcus zu jener Zeit als Geschäftsführer fungierte. Und an dem Geschäft scheint Dormero offenbar Gefallen gefunden zu haben. Verwunderlich ist das nicht. Denn statt des Maschmeyer-Geldes fließen mittlerweile verläßlich Millionen an Steuergeldern als Gegenleistung für die Unterbringung von Flüchtlingen und Migranten ins Unternehmen.
Bezug zur Partei, die restriktive Migrationspolitik fordert
Und weil die Asylkrise in Deutschland weiter anhält, geraten die Kommunen zunehmend in Schwierigkeiten, Unterkünfte für die Neuankömmlinge aufzutreiben (siehe Infokasten). Die Hotels bieten sich für sie oft als willkommene Übergangslösung an. Andererseits können diese wiederum aufgrund der Engpässe bei der Unterbringung lukrative Verträge für sich aushandeln und den Preis nach oben schrauben.
Für die CSU ist die Verbindung zur Wöhrl-Familie heikel. Dagmar Wöhrl gilt in der Partei seit längerem als schillernde Figur, die eine Zeitlang zur Führungsebene der Partei gehörte. In den frühen siebziger Jahren hatte sie noch unter dem Pseudonym Sandra Monte in dem Softpornofilm „Die Stoßburg – wenn nachts die Keuschheitsgürtel klappern“ mitgewirkt. 1977 war sie zur Miss Germany gekürt worden. 1984 erregte sie Aufmerksamkeit durch die Hochzeit mit dem Modeunternehmer und Multimillionär Hans Rudolf Wöhrl, ehe sie Mitte der neunziger Jahre zur CSU-Politgröße aufstieg. Als Landesschatzmeisterin gehörte sie dem Präsidium und Landesvorstand der Partei an. Einer Partei, die sich stets für eine restriktive Migrationspolitik stark gemacht hatte.
Auch ihr Sohn Marcus Wöhrl war vor seiner Zeit als Dormero-Geschäftsführer in der CSU aktiv, kandidierte zweimal erfolglos für das Europaparlament. Nachdem seine Mutter 2009 nicht wieder für das Amt der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium nominiert worden war, hatte er die Partei jedoch verlassen. Ende Mai vorigen Jahres zog er sich aus dem operativen Geschäft der Dormero-Gruppe zurück. Dem Unternehmen ist er heute jedoch noch als Inhaber der als Dormero-Markeninhaber fungierenden Immobilienfirma MMW Holding GmbH beratend verbunden.
2018 hatte es schon einmal Furore um eine Christdemokratin gegeben, die ein von ihr gepachtetes Hotel zur Migrantenunterkunft umfunktioniert hatte und dafür vom Staat hohe Summen kassierte. Seinerzeit hatte die Stadt Köln der ehemaligen CDU-Landtagskandidatin Andrea Horitzky pro Migrant und Tag 35 Euro gezahlt. Laufzeit: sieben Jahre. Dabei hatte sich die Kölner CDU ausdrücklich dagegen ausgesprochen, Asylanten in Hotels unterzubringen. Zu dieser Zeit im Kölner Parteivorstand ebenfalls dabei: Andrea Horitzky.
Platzmangel und Verdrängung
Die Fälle, in denen andere Einrichtungen für die Unterbringung von Zuwanderern umgewidmet werden, häufen sich. So hat die Stadt Baden-Baden zahlreiche Asylbewerber gegen den Willen von Einwohnern und Pflegekräften in einem Seniorenheim untergebracht. „Kinder sind nun mal laut, das dürfen sie ja auch sein. Aber jetzt wohnen zwei Familien mit Kleinkindern direkt neben einer 97 Jahre alten Dame“, empörte sich die Chef-Pflegerin des Schwarzwaldwohnstifts Lichtental , Manuela Anselm, gegenüber der Welt. Eine der hochbetagten Damen sei völlig verängstigt gewesen: „Sie war durch Kinderstimmen wach geworden und hat geglaubt, sie habe Halluzinationen.“ Das Vorgehen der Stadt und den Umgang mit den Bewohnern nannte Anselm „skrupellos“. In das Haus sind nach Angaben des Blattes vor allem Frauen aus Kamerun, Nigeria, Georgien und der Ukraine eingezogen. Die Bewohner lebten nun in der Angst, „gegen Flüchtlinge ausgetauscht zu werden“, kritisierte die Pflegeleiterin. Und tatsächlich hatte der Eigentümer der Immobilie 34 der zum Teil kranken Senioren bereits Räumungsaufforderungen geschickt, zog diese aber nach Protesten vorerst zurück. Mittlerweile hat sich eine Initiative gegründet, um die Stadt zu drängen, die Asyl-Mietverträge zu kündigen. „Wir wollen wieder eine reine Senioreneinrichtung sein“, sagte einer der Initiatoren, der selbst betroffen ist, der Welt. Auch eine Klage werde erwogen. „Aus unserer Sicht handelt es sich hier nicht um eine Initiative für Flüchtlinge, sondern um das Ausquartieren von Bewohnern zugunsten des Erschleichens höherer Mieterträge“, betonte der Initiator. Die Stadtverwaltung selbst kündigte an, keine neuen freiwerdenden Wohnungen in der Seniorenresidenz anzumieten. Ein ähnlicher Fall sorgte dieser Tage auch im sächsischen Meißen für Aufregung. Dort sollen nach Plänen des Landkreises Migranten im Altenpflegeheim „Hugo Tzschucke“ untergebracht werden. Wie die Diakonie als Betreiber gegenüber der Bild-Zeiting bestätigte, sollen bereits ab 1. Dezember in einem bisher zur Kurzzeitpflege genutzten Haus der Anlage zunächst acht, später dann bis zu 16 sogenannte unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht werden. Die Kurzzeitpflege war wegen Personalmangels geschlossen worden. Unter den Anwohnern und in der Nachbarschaft regt sich Protest gegen die Pläne. (ho/pf)