© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/23 / 17. November 2023

„Ich habe meine Heimat sehr geliebt“
Was macht eigentlich Eva Herman? Die Ex-Nachrichten-sprecherin war eines der ersten Opfer der Zensurkultur
Kerstin Rech

Es gibt heute noch Momente, in denen ich zurückblicke und tieftraurig bin“, sagt Eva Herman in einem Telefonat mit der JUNGEN FREIHEIT. „Ich war tief verwurzelt, aber ich bin dabei, diese Wurzeln Ästchen für Ästchen herauszuziehen“, erklärt die ehemalige „Tagesschau“-Sprecherin in dem Gespräch wenige Tage vor ihrem 65. Geburtstag am 9. November.

Rückblende: Vor gut fünfzehn Jahren wird Eva Herman eines der ersten Opfer der „Cancel Culture“ in Deutschland. Im Oktober 2007 stellt der damalige Focus-Redakteur Michael Klonovsky in einem Artikel fest: „Jedenfalls ist kaum jemand – und vor allem keine Frau – in letzter Zeit hierzulande dermaßen beschimpft und verunglimpft worden.“ 

Die einst „Miss Tagesschau“ genannte und 2003 vom Publikum zur beliebtesten Fernsehmoderatorin Deutschlands gewählte Eva Herman spricht achtzehn Jahre lang, von 1988 bis 2006, die Nachrichten zur Hauptsendezeit in der ARD und moderiert auch Unterhaltungssendungen wie die Talkshow „Herman und Tietjen“.

Von Johannes B. Kerner aus seiner Talkshow geworfen

Es ist das Jahr 2006, in dem die eingefahrenen Meinungsmacher sie als Abtrünnige ausmachen und die medialen Messer wetzen. In einem Artikel im Monatsmagazin Cicero und im selben Jahr in ihrem Buch „Das Eva-Prinzip“ tritt sie für die Rechte derer ein, die in unserer Gesellschaft keine Stimme haben – die Neugeborenen und Kleinkinder. Sie spricht sich unter anderem dagegen aus, daß die Kleinen zu früh in Kindertagestätten abgeschoben und diejenigen Frauen, die sich in erster Linie als Hausfrauen und Mütter definieren, als Heimchen am Herd tituliert und damit diskreditiert werden.

Sie bekämpfe die Rechte der Frauen, unterstellen ihr Kritiker – kurioserweise vor allem aus jenen Kreisen, die die Unterdrückung von Frauen, wenn sie im Migrantenmilieu vorkommt, verharmlosen und relativieren. 

In unserem Telefonat erklärt Herman, ihr sei damals aufgefallen, daß in der ganzen Diskussion, ab wann ein Kind in fremde Hände gegeben werden soll, niemand die Position der Kinder eingenommen habe. Dabei würden sie sich natürlich, wären sie vor die Wahl gestellt, immer für den Verbleib in der Familie entscheiden. „Ich habe versucht, die Sicht der Kinder darzustellen“, erinnert sich die Mutter eines Sohnes. „Die Medien haben alle anderen Sichten dargestellt, die politisch schon vorgegeben waren. Zum Beispiel, eine Frau soll Karriere machen dürfen. Sie soll studieren dürfen. Dagegen habe ich gar nichts. Dafür bin ich genauso.“ Ihr gehe es um eine „offenbar zielgerichtete“ Familienpolitik, die schon viele Jahre zuvor begonnen habe, die Familie, „also den wichtigsten Kern unserer Gesellschaft, zu atomisieren“.

In diesem Zusammenhang zitiert Eva Herman die Schriftstellerin Astrid Lindgren sinngemäß: „Jede Frau soll ihre Ausbildung machen, ihr Studium absolvieren, aber wenn Kinder kommen, sollen sie nicht zu Hause sitzen und denken: Was für eine Schande, daß ich jetzt zu Hause sitzen muß.“ Und fügt an: „Wer so denkt, hat gar nichts verstanden, denn das Großziehen eines Kindes, ihm Zuwendung geben zu dürfen, die Bedürfnisse decken zu dürfen, gleichzeitig an den Herausforderungen wachsen zu dürfen. Das Ganze ist ein so immenses Lebensgeschenk.“

Vorurteilsfrei gelesen wird ihr Buch „Das Eva-Prinzip“ nach seinem Erscheinen nicht. Richtig zuhören will ihr auch niemand aus der medialen Blase. Ganz im Gegenteil. Es werden Halbsätze aus dem Zusammenhang gerissen und ihr „braunes Gedankengut“ unterstellt. Die Bild-Zeitung tituliert gar „Ist Eva Herman braun oder nur doof?“

Höhepunkt der öffentlichen Diskreditierung ist am 9. Oktober 2007 die Kerner-Sendung im ZDF, in der Eva Herman wie eine Angeklagte behandelt und von Johannes B. Kerner aufgefordert wird, ihre Aussage, die sie zuvor in einer Pressekonferenz gemacht hat, zurückzunehmen. Diese lautet: „Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das ja leider mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68-Bewegung abgeschafft wurde …“ 

Eva Herman distanziert sich selbstredend nicht von ihren Worten und wird schlußendlich von dem Moderator aufgefordert, das Studio zu verlassen. Henryk M. Broder nennt diese Sendung in einem Spiegel-Artikel ein Tribunal der Selbstgerechten und stellt in seiner deftigen Art fest: „Es gibt eine Regel bei Diskussionen über aktuelle Themen, die sich jeder Teilnehmer merken sollte: Wer zuerst Hitler, Nazis, Drittes Reich sagt, hat die Arschkarte gezogen.“

Eva Herman schreibt in Folge noch weitere Bücher. Aber für die Mainstream-Medien ist sie erledigt. 2017 kehrt sie ihrer Heimat den Rücken und wandert nach Kanada aus, auf eine Insel im Atlantik. Zusammen mit ihrem Lebenspartner Andreas Popp produziert Eva Herman dreimal die Woche einen neunzigminütigen Podcast auf Telegram, in dem es um die politische Entwicklung in Deutschland und im deutschsprachigen Raum geht. Die Themen gehen nicht aus. Migration, Corona-Politik, Klimapolitik, Frühkindliche Sexualisierung, Gender-Wahnsinn. Regelmäßig kann man auf Telegram auch Eva Hermans Podcast Abendgebet hören. „Ich bin ein sehr gläubiger Mensch und fest von der Anwesenheit unseres Schöpfers überzeugt.“

Der Abschied von Deutschland sei ihr extrem schwergefallen, erzählt sie in unserem Telefongespräch. „Ich bin hin und wieder in Deutschland und sehe das Treiben in den großen Städten. Die offensichtliche Sorglosigkeit vieler Menschen zeigt mir, ich gehöre hier gar nicht mehr her. Alles, was ich hier erlebt habe, die Sprechverbote, die Scheuklappen, der Gesinnungsterror. Es ist nicht mehr mein Land – leider.“