Es hätte so einfach sein können: Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hätte nur die verbliebenen Kernkraftwerke weiterlaufen lassen müssen. Die Betreiber hätten mit ihnen – unter Umgehung der Strombörse EEX – einen extrem günstigen, CO2-freien „Industriestrompreis“ liefern können. Stattdessen hat die Ampelkoalition erneut einen faulen Kompromiß vereinbart. Statt mit Steuermitteln über Erstattungen die Strompreise für bestimmte Unternehmen zu subventionieren, ergreift die Bundesregierung drei Maßnahmen, um die horrenden Stromkosten des produktiven Gewerbes zu senken.
Im Ergebnis wird für alle Firmen des produzierenden Gewerbes die Stromsteuer von 2,05 auf 0,05 Cent je Kilowattstunde gesenkt. Die Sonderregelungen für energieintensive Unternehmen bei Netzentgelten und Abgaben werden verlängert. Zudem wird in die Struktur der regional stark schwankenden Netzentgelte, die bisher ausschließlich unter Effizienzgesichtspunkten durch die Bundesnetzagentur geregelt worden sind, eingegriffen. Die Bundesregierung schätzt die Summe der Entlastung auf 28 Milliarden Euro, von denen 17 Milliarden allein auf die energieintensive Industrie entfallen. Bereits unter Angela Merkel waren für verschiedene Unternehmensgruppen Ausnahmen im Umfang von elf Milliarden Euro beschlossen worden, die nun verlängert werden sollen. Doch letztlich wird nur das bereits aktuell für die Unternehmen im internationalen Vergleich zu hohe Strompreisniveau fortgeschrieben.
Die Entlastung des produzierenden Gewerbes bei der Stromsteuer senkt den Strompreis für Privathaushalte und viele Dienstleistungsbereiche nicht. Ihnen wird die notwendige, inflationssenkende und konsumstärkende Entlastung schlicht verweigert. Es ist zudem fraglich, ob die „privilegierten“ Unternehmen ihre sinkenden Kosten über die Preise weitergeben werden: Der Konsumverzicht der Kunden läßt die Umsätze sinken. Und die unzureichende Entlastung führt dazu, daß sich die Deindustrialisierung des Standorts Deutschland fortsetzt. So steht am Ende der zu langen Diskussion ein fauler Ampel-Kompromiß, der weder die strukturelle, staatlich induzierte Überteuerung des deutschen Energiemarkts merklich reduziert, noch die exorbitanten Strompreise für alle Energieverbraucher endlich senkt.