Seit seiner Einführung durch Friedrich den Großen 1769 gab es nicht einen einzigen Ausfall bei einem Pfandbrief – trotz napoleonischer Kriege, zweier verlorener Weltkriege samt Verlust eines Drittels des Staatsgebiets, Vertreibung und Massenenteignung. Auch die Weimarer Depression und die Finanzkrise 2008 wurden überstanden. Sein Ruf ist so gut, daß ihn andere Länder als „gedeckte Anleihen“ nachahmen. Doch nun mußten die Wiesbadener Aareal Bank und die Deutsche Pfandbriefbank (PBB) hohe Rückstellungen bilden: Bekommt die Rekordserie reibungsloser Rückzahlungen eine Delle?
US-Gewerbeimmobilien sind in beiden Fällen der Grund. Hohe Leerstände und Wertverlust in Einzelfällen von 80 Prozent (JF 20/23) sind Warnzeichen. Die Aareal Bank hat ihre Rückstellungen um 54 Prozent erhöht. 30 Prozent der Kredite vergibt sie in Nordamerika, nur drei Prozent in Deutschland, den Rest im übrigen Europa. Die Hälfte der US-Kredite liegen in den problematischen Büroimmobilien. Die Rückstellungen decken eine Verlustquote von nur vier Prozent in diesem Segment. Die PBB nimmt eine ähnliche Erhöhung der Risikovorsorge auf 104 Millionen Euro vor. Auch das ist nicht viel, wenn man bedenkt, daß sich die Problemkredite der PBB allein in den USA in nur 21 Monaten auf 691 Millionen Euro fast verzehnfacht haben und insgesamt 1,3 Milliarden Euro betragen. Die in Garching bei München beheimatete PBB ist erst neu in den New Yorker Markt eingetreten, und hat möglicherweise all jene Hypotheken vergeben, die etablierte Akteure vermieden.
Diese Problematik bei einem Markteintritt ist nicht neu und hätte dem Management bewußt sein müssen. Besserung ist nicht in Sicht. Kommt es, wie hier schon früher gewarnt, zu einem Zusammenbruch des Markts von US-Gewerbeimmobilien, werden die Rückstellungen der beiden Banken nicht reichen. Zu allem Überfluß ging auch noch die 2010 gegründete New Yorker Firma WeWork pleite, ein gehypter Anbieter flexibler Büroflächen, der das alte Konzept der Untermiete mit einer App neu verpackte, ohne aber je Gewinne zu schreiben. WeWork ist in vielen US-Städten der größte Mieter von Büroflächen.
Die beiden deutschen Problembanken haben eine weitere Gemeinsamkeit: Sie wurden vom Londoner Hedgefonds Petrus Advisers des Österreichers und Ex-Goldman-Sachs-Bankers Klaus Umek unter Druck gesetzt. Petrus hielt noch Anfang des Jahres einen Anteil von drei Prozent an der PBB und kritisierte nicht nur mangelnde Kostendisziplin, sondern auch den ungeschickten Eintritt in den US-Markt, ausgerechnet mit Büroimmobilien in New York. Die Kreditausfälle zeigen, daß Petrus recht hatte. Petrus hat seine PBB-Aktienanteile inzwischen leerverkauft.
Damit ist Petrus nicht allein. 7,3 Prozent der PBB-Aktien sind derzeit leerverkauft, davon 0,91 Prozent durch Petrus. Die Leihgebühr zum Leerverkauf der Aktien beträgt derzeit 1,3 Prozent, leicht erhöht aufgrund der gestiegenen Nachfrage. An der Aareal Bank hingegen hält Petrus 6,91 Prozent, vermutlich um im Rahmen eines auf das kürzliche Delisting folgenden Squeeze-outs per Spruchverfahren eine höhere Ausgleichszahlung einzuklagen. Diese Verfahren sind für geduldige Anleger generell lukrativ. Doch es gibt auch Ausnahmen, wie 2015 die Sanitärtechnikfirma Joyou, wo damals Gelder auf Nimmerwiedersehen in China versickerten. Die Aareal Bank, die am Anfang einer Kreditklemme steht, könnte sich ebenfalls als eine solche Ausnahme erweisen.