Jede Zerstörung zeugt auch Neues. Natürlich nicht immer im Sinne desjenigen, der zerstört und schon gar nicht immer etwas, das man erwartet hätte. Als Youtube-Zappelphilipp Rezo im Mai 2020 sein Video „Die Zerstörung der Presse“ veröffentlichte (JF berichtete) und die wachsende Medienskepsis der Bürger mit Fehltritten der Springerpresse wegzuerklären versuchte, reichte es der Berliner Sozialarbeiterin endgültig. Mit den Worten: „Eigentlich hatte ich mich immer dagegen gewehrt, mit meiner Meinung nennenswert in Erscheinung zu treten. Meine Angst, das Echo nicht zu ertragen, war einfach zu groß“, begann sie etwa einen Monat später ihr erstes Video „Die Elimination des Rezo“: Kritik an der Kritik, Aufklärung über seine vermeintliche Aufklärung. Passend dazu wählte sie den Namen für ihren Kanal: „Charlotte Corday“ – benannt nach jener Attentäterin, die im Frankreich des Jahres 1793 versuchte, die Republik zu retten, indem sie den jakobinischen Möchtegerndiktator Jean Paul Marat in seiner Badewanne meuchelte.
Die weibliche Perspektive betont sie bewußt – als Gegenmodell zur „toxischen Weiblichkeit“ des Feminismus.
Während die historische Corday das Echo auf ihr Tun (die Hinrichtung) zu Recht zu fürchten hatte, ist die Angst der heutigen vor diesem längst verflogen: „Rückblickend ist der Kanal ein Segen, der enorm viel Positives in mein Leben gebracht hat“, betont sie gegenüber der JUNGEN FREIHEIT.
Eigentlich stammt die 1990 geborene Sächsin aus Dresden. Doch nach Abschluß des Studiengangs Soziale Arbeit in Neubrandenburg zog sie 2013 in die Hauptstadt, um eine entsprechende Arbeit anzunehmen.
Nicht immer schon waren es Gestalten wie Rezo oder die linksradikale Skandal-Autorin Hengameh Yaghoobifarah (einst ebenfalls häufiges Diskussionsobjekt ihrer Videos), die sie auf die Palme brachten. Vielmehr begann die politische Sozialisation der jungen Frau auf der Linken – erst als Fan der Punkband Die Ärzte und Antifa-Sympathisantin, dann als Leserin „antirassistischer“ Bücher wie „Deutschland schwarz weiß“ der Deutsch-Afrikanerin Noah Sow. Heute würde man so etwas wohl „woke“ nennen.
Mittlerweile klingt sie anders, Corday, die ihren echten Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, rezensiert Bücher konservativer Denker wie Armin Mohler, Ernst Jünger oder Julius Evola, aber auch belletristische Literatur wie etwa Volker Zierkes Roman „Ins Blaue“ und lädt sich zuweilen Gäste in ihren Youtube-Salon „Lesen und Leiden“. Sie macht sich über den neuen Barbie-Film lustig, kommentiert den aktuellen Nahost-Krieg oder bezieht zur Kampagne gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann Stellung. Vor allem betont sie wo möglich die weibliche Perspektive – als Gegenmodell zur „toxischen Weiblichkeit“, die Corday dem heutigen Feminismus attestiert. Dementsprechend fällt auch ihre Antwort aus, fragt man sie nach ihren Zukunftsplänen: „Mutter werden!“
Bis dahin erhellt sie ihren 23.400 Abonnenten, weshalb Frauen tendenziell links eingestellt sind und wie diese dem entkommen können – indem sie zur „heilenden Weiblichkeit“, dem Archetyp eines dem Leben zugewandten Frauseins finden. Ist dann noch Zeit, tritt sie als Referentin auf dem „rechten Frauenkongreß“ (Westfälische Allgemeine) der alternativen Frauenrechtsinitiative Lukreta auf. All das nährt natürlich den Haß der Jakobiner – doch diesen bereitet Corday stets gerne ein Plätzchen im Bade.