© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/23 / 10. November 2023

Haltungsnote
Kanzler geröstet
Gil Barkei

Ein ausgesuchtes Publikum, das eher harmlose Fragen an Politiker stellen darf. Soweit der oft konstruiert wirkende Aufbau von sogenannten „Townhall“-Meetings. Nicht so beim „KanzlerGespräch“ vergangene Woche in Mannheim. Ein älterer Herr im knallroten Pulli stach nicht nur optisch aus den rund 170 Bürgern heraus. Höflich, aber angriffslustig eloquent setzte der Rentner Olaf Scholz auf den Grill. 

Bei der Rolle des Bundeskanzlers im Cum-Ex-Skandal habe er „die Sorge, daß sie sehr vergeßlich sind“, was schon im Ausland kommentiert werde. „Glauben Sie nicht, wenn Sie diese Last mal von sich werfen und Klarheit schaffen, daß Sie sowohl Deutschland als auch Ihrer Partei helfen würden?“ Erster Schuß, gleich ein Treffer! Im Klatschen des Publikums reagiert Scholz pampig: „Zweite Frage!?“ 

„Nicht nur die Komödianten sagen, Deutschland hat die dümmste Regierung der Welt“, setzt der Mann, der seinen Namen nicht nennt, nach. Im Kabinett seien „so viele Mitglieder, die überhaupt nichts können“. Seine Bitte: „Haben Sie da keinen Einfluß drauf: Entweder müssen Sie sie rauswerfen oder sie müssen Nachhilfeunterricht geben!“ Man müsse jetzt etwas tun, „wenn man nicht der dumme Deutsche im Ausland sein will“. Vom Kanzler folgten lediglich Phrasen: Die Minister würden „gute Arbeit leisten“ und sich „viel Mühe geben, dazu beizutragen, daß die Welt zusammenhält“. Und: „Ich erinnere mich an das, an das ich mich erinnere.“