© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/23 / 10. November 2023

Keine moralische Pflicht, individuelles Asyl zu gewähren
Antiquierte Konvention
(wm)

Um die Migrationskrise zu bewältigen, schlug Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, kürzlich vor, das Individualrecht auf Asyl abzuschaffen und durch eine Kontingentlösung für jährlich bis zu 400.000 angeblich wirklich „Schutzbedürftige“ zu ersetzen. Wie Freis Vorstoß rechtlich zu bewerten ist, vermag der emeritierte Theologe Johannes Fischer (Uni Zürich) nicht einzuschätzen, verweist aber auf die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, die eine Zurückweisung von „Flüchtlingen“ in Gebiete untersagt, wo ihnen Verfolgung droht. Da kein Politiker der deutschen Kartellparteien den Mut der britischen Tory-Innenministerin Suella Braverman aufbringt, den Ausstieg aus dieser antiquierten, nicht für Abermillionen von Wirtschaftsmigranten gedachten Konvention zu fordern, fragt Fischer, ob er zumindest moralisch zu rechtfertigen wäre. Und kommt dabei zu einer bejahenden Antwort: Es gebe „keine moralische Pflicht, allen Flüchtlingen ein Recht auf Asyl in Europa einzuräumen“ (zeitzeichen, 9/2023). Es sei zwar moralisch geboten, Notleidenden, aber keinesfalls allen Notleidenden weltweit zu helfen. Aus der allgemeinen „Menschenwürde“ und der „Moral“ lasse sich also ein „individuelles Recht von Flüchtlingen“ auf europäisches Asyl nicht ableiten. 


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