© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/23 / 10. November 2023

Retten, forschen und beraten
Reportage Asylindustrie, Teil 2: Wie Staat und Stiftungen mit Zuschüssen und Spenden die Zuwanderung fördern
Hinrich Rohbohm

In Teil 1 dieser Reportage berichteten wir unter anderem über das breit angelegte Unterstützer-Netzwerk des von der Evangelischen Kirche ins Leben gerufenen Vereins United4Rescue und seiner Unterstützer sowie Finanziers. United4Rescue fungiert dabei als Verteiler der Gelder an die einzelnen selbsternannten Seenotretter-Vereine. Wie etwa der Verein SOS Mediterranee Deutschland, der sich vor zwei Jahren in SOS Humanity umbenannte und unter anderem die SeaWatch 4 finanziert, die unmittelbar vor den Küsten Nordafrikas operiert und die dort von Schleppern mit Booten aufs Meer geschickten Migranten aufnimmt.

Auch die Sea Watch 4 wurde inzwischen umbenannt, befährt das Mittelmeer nun unter dem Namen Humanity 1. Eigenen Angaben zufolge soll allein dieser Verein knapp 800.000 Euro für seine „Aktivitäten“ erhalten. „Aktivitäten“, die Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) mit einem Bundesverdienstkreuz an den Gründer des Vereins, Klaus Anselm Vogel, belohnte.

Als Pressesprecher des Vereins fungiert der sich selbst als „Antifaschist“ bezeichnende Lukas Kaldenhoff, der eng mit der Leipziger Antifa-Szene vernetzt ist und zudem für den Mitteldeutschen Rundfunk und das linksradikale Szene-Blatt kreuzer aus Leipzig-Connewitz arbeitet. Letzteres ging aus einer Beilage der einstigen Wochenzeitung Die andere Zeitung (DAZ)  hervor, deren Chefredakteur während der Wendezeit in kirchlichen Gruppen des Neuen Forums und dort im Umfeld des als Antifa-Pfarrers bekanntgewordenen Lothar König aktiv gewesen war.

Migranten-Lobby verneint Strahlkraft von Pull-Faktoren 

Noch 2021 bezeichnete sich der damals als SeaWatch e.V. tätige Verein als „feministische Initiative“, die „besonderen Wert auf die Förderung von antirassistischen und inklusiven Projekten“ lege. Der Verein selbst wiederum unterstützt den 2019 ins Leben gerufenen Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung, der sich namentlich ebenfalls gehäutet hat und nun „Safe Passage Foundation“ nennt. 500.000 Euro spendete allein SOS Humanity an den Fonds, zu dessen Stiftungsrat unter anderem „Watch the Med-Alarmphone“ gehört. Jene Initiative, die von Schleusern aufs Mittelmeer geschickte Migranten per Hotline an Rettungsschiffe vermittelt und von der sogenannten Stiftung :do finanziert wird. Zu deren Unterstützern zählt wiederum die der Linkspartei nahestehende Rosa-Luxemburg-Stiftung sowie die den Grünen verbandelte Heinrich-Böll-Stiftung.

Die Safe Passage Foundation fördert vorgebliche Seenotrettungs-Projekte in Millionenhöhe. Allein zwischen 2019 und 2021 flossen knapp vier Millionen Euro an Organisationen und Initiativen wie etwa Jugend rettet oder Sea Eye, in denen lange Zeit der heutige Bundestagsabgeordnete der Grünen und ehemalige Mitarbeiter der heutigen Staatsministerin für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Claudia Roth und Julian Pahlke als Sprecher eine zentrale Rolle spielte.

Schon seit längerem stehen die vermeintlichen Seenotretter im Verdacht, mit den Schleppern zu kooperieren. Laut Ermittlungsakten der italienischen Staatsanwaltschaft in Sizilien aus dem Jahre 2017 seien sich Schleuser und „Retter“ bestens bekannt. So hätten Schleuser etwa der Iuventa, dem Schiff von „Jugend rettet“, mit Migranten voll besetzte Schlauchboote regelrecht übergeben, der Mannschaft des Schiffes sogar mitgeteilt, wann die Boote ankommen würden. Von einer Seenotrettung könne demnach keine Rede sein.

Vorgänge, die zu einem gewaltigen Pull-Faktor für Migranten über das Mittelmeer führten. Doch genau jener Pull-Faktor ist es, der von mit Staats- und Stiftungsgeldern versorgten deutschen Migrationsforschern bestritten wird. Diese wollen in der Studie „Scientific Reports“ herausgefunden haben, daß es „keine Verbindung zwischen lebensrettenden Aktionen im Meer und der Zahl der Migranten“ gebe. Die Rettungsaktionen würden demnach Leben retten, jedoch keine zusätzlichen Migranten anziehen.

Einer der Autoren der Studie ist der Professor für International Affairs and Security an der Hertie School, Julian Wucherpfennig. Dessen Professur wird unter anderem durch die Friede-Springer-Stiftung gefördert, in deren Kuratorium der Ehemann von Altbundeskanzlerin Angela Merkel, Joachim Sauer, sitzt.

Eine weitere Autorin ist die stellvertretende Leiterin des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZim), Ramona Rischke. Die Forschungsgemeinschaft war 2017 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aufgebaut worden und wird auch finanziell vom Ministerium gefördert. Am 25. November 2020 verabschiedete der Kabinettsausschuß unter der Leitung der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Maßnahmenkatalog zur Stärkung und zum dauerhaften Ausbau des DeZim. Eine Maßnahme, die die Ampel-Koalition im November 2021 übernahm.

Leiterin des DeZim ist die Politik- und Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan, die seit 2018 auch als Leiterin des von der Hertie-Stiftung geförderten Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung an der Humboldt-Universität fungiert.

Die im linken Aufbau-Verlag publizierende und im Iran aufgewachsene Wissenschaftlerin organisierte 2011 für die Humboldt-Universität eine Junge Islam Konferenz – gefördert aus Mitteln der Mercator-Stiftung, die unter anderem bei der Förderung von Klimaschutz-Lobbygruppen rund um das grün-alternative Graichen-Netzwerk im Bundeswirtschaftsministerium eine zentrale Rolle gespielt hatte (die JUNGE FREIHEIT berichtete).

Zwei Millionen Euro stellte die Mercator-Stiftung etwa für das Forschungsprojekt „Junge islambezogene Themen in Deutschland (JUNITED)“ unter Foroutans Leitung von 2012 bis 2016 zur Verfügung.

Auch den Betreibern von Asylunterkünften winken lukrative Staatsgelder, wenn es um die Unterbringung von Migranten geht. So etwa auch der Caritas, die in Köln gleich mehrere Standorte mit Migrantenunterkünften betreibt. Unterkünfte, in denen die Neuankömmlinge betreut und beraten werden. Was wiederum bedeutet, daß entsprechend qualifiziertes Personal benötigt wird und entsprechend vergütet werden muß.

Security- und Cateringfirmen verdienen sich eine goldene Nase

Undercover macht sich die JF in Köln ein Bild über das Ausmaß von Beratung und Betreuung solcher Einrichtungen. Unsere schnell gestrickte Geschichte: Wir kommen im Auftrag eines befreundeten Migranten, der noch kein Deutsch spricht und mit dem deutschen Behördenschungel nicht klarkommt.

Das reicht bereits als Erklärung, um eine zuständige Mitarbeiterin dazu zu verleiten, gleich ein ganzes Kaleidoskop an Beratungsmöglichkeiten offenzulegen. „Also für Menschen mit Aufenthaltserlaubnis haben wir ja unseren Fachdienst  Integration und Migration“, beginnt die Frau zu erzählen. „Lebt Ihr Bekannter in Köln?“ Ja. „Hat er Familie, Frau, Kinder und leben die hier oder noch im Herkunftsland?“, will die Mitarbeiterin weiter wissen. Im Herkunftsland. „Dann können wir da natürlich auch bezüglich einer möglichen Familienzusammenführung Auskünfte geben.“ Interessant.

„Hat er denn eine Aufenthaltserlaubnis?“, will die Mitarbeiterin wissen. Nein, hat er nicht, stricken wir die Legende weiter. „Oh, dann gebe ich ihnen da mal eine andere Telefonnummer“, entgegnet die Bedienstete, schnappt sich einen kleinen Zettel und greift anschließend zu einem Kugelschreiber.  „Das ist die Nummer für die Beratung von unbegleiteten Minderjährigen sowie Volljährige mit Duldung“, erklärt sie. Im Falle psychisch kritischer Situtationen gebe es natürlich noch eine gesonderte Flüchtlingsberatung.

Alle Berater würden in Vollzeit arbeiten, bestätigt die Frau. Und ja, aufgrund des hohen Andrangs könne es zu langen Wartezeiten kommen. „Wir hoffen ja, bald neue Berater und Betreuer zu bekommen, um dem erhöhten Aufkommen gerecht zu werden“, gerät die Mitarbeiterin ins Plaudern. Und bestätigt dabei nebenbei, daß es auch einen Bedarf an mehr Sicherheitspersonal in den Einrichtungen gebe.

Interessant dabei: Oftmals würden öffentliche Aufträge für die Projekte „freihändig“ vergeben. Was bedeute, daß es längst nicht immer offizielle Ausschreibungen hierfür gebe. Zahlreiche Firmen würden dadurch in Form lukrativer Aufträge profitieren. Sicherheitsdienstleister ebenso wie Cateringfirmen, Transportunternehmen oder Zeltebauer. „Vor allem Hotelbetreiber und Wohnungsvermieter verdienen sich da eine goldene Nase“, meint die Caritas-Mitarbeiterin.

Wie das lukrative Geschäft mit den Migrantenunterkünften funktioniert, lesen sie in Teil 3 dieser Reportage in der kommenden Ausgabe.