Der Regierungswechsel in Neuseeland gestaltet sich schwieriger als erwartet. War das Land nach dem Ausgang der Wahlen am 14. Oktober von einer schnellen Regierungsbildung ausgegangen, verzögerten sich die Gespräche und waren bis zum Redaktionsschluß dieser Ausgabe noch immer nicht beendet. Bei den Wahlen war die Mitte-Links-Labour-Koalition klar abgewählt worden. Gewinner war die konservative Nationalpartei, die 15 Sitze gewann und nun mit 48 Abgeordneten ins Parlament einzog, während Labour 31 Sitze verlor und nur noch 34 Abgeordnete stellt.
Der designierte Ministerpräsident Christopher Luxon hat sein Wahlziel einer Koalition mit den Liberalen (Act) aber nicht erreicht. Diese kommen nur auf elf Abgeordnete, so daß beide Parteien knapp unter der Parlamentsmehrheit von 62 Abgeordneten bleiben. Luxon hatte aber bereits am Wahlabend Gespräche mit der rechtsgerichteten Partei New Zealand First (NZ First) angekündigt, die acht Parlamentarier zählt.
Allerdings kommen diese Verhandlungen nicht so recht in Gang. Derzeit gibt es keine Pläne zu persönlichen Gesprächen zwischen dem Act-Vorsitzenden David Seymour und NZ-First-Chef Winston Peters. Zwar haben sich Luxon und Peters am Wochenanfang in Wellington getroffen, die parteilichen Verhandlungsdelegationen blieben aber außen vor. Ebenso hat es in den vergangenen Tagen nach Berichten der Nachrichtenseite newsroom.co.nz keinerlei persönliche Gespräche von Vertretern der Nationalpartei und Act gegeben, sondern lediglich E-Mails und Telefonate. Peters betonte immer wieder, er würde Seymour lieber persönlich treffen als zu telefonieren.
Das Problem für Act ist, daß Luxon auf NZ First als Mehrheitsbeschaffer angewiesen ist und der 53jährige Chef der Nationalpartei wohl einige Zusagen an die Liberalen wieder rückgängig machen will. Das konterte Seymour mit der Aussage, Act müsse nicht unbedingt in die Regierung, sie könne es sich auch auf den Oppositionsbänken im Parlament bequem machen. Auf jeden Fall kündigten die beiden kleineren Parteien an, es werde nichts unterschrieben, ehe sämtliche Verhandlungsergebnisse auf dem Tisch liegen würden.
Da Luxon Ende dieser Woche unbedingt als neuseeländischer Ministerpräsident nach San Francisco zum APEC-Gipfel fliegen und sich dort mit US-Präsident Joe Biden und anderen Regierungschefs treffen will, steht die Regierungsbildung durchaus unter Zeitdruck. Das wollen Act und NZ-First natürlich ausnutzen, um so viel wie möglich für ihre Parteien herauszuholen. Denn Luxon hat angekündigt, nicht zum APEC-Gipfel zu fliegen, falls die Regierungsgespräche bis dahin nicht abgeschlossen sind.