© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/23 / 10. November 2023

Vom „ersten Schritt“ zum „Meilenstein“
Gipfel im Kanzleramt zur Migration: Bund und Länder einigen sich in erster Linie nur darauf, wie der Massenzustrom künftig finanziert werden soll
(kuk/vo)

Keine Nachtsitzungen mehr, keine fragwürdigen Entscheidungen übermüdeter Politiker wie noch während der Corona-Krise mit ihren Konferenzen von Kanzleramt und den Staatskanzleien der Länder! Das hatten sich die Ampel-Koalitionäre seinerzeit versprochen – doch genau in solch einer Verhandlungsrunde zu nachtschlafender Zeit haben sich zu Wochenbeginn Bund und Länder auf eine neue Verteilung der Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Migranten geeinigt. 

Ab 2024 wird der Bund den Ländern und Kommunen eine jährliche Pauschale von 7.500 Euro pro Asyl-Erstantragsteller zahlen. Gespart werden soll durch Einschränkungen bei Empfängern in Sammelunterkünften, die Verlängerung des eingeschränkten Leistungsbezugs von 18 auf 36 Monate und die Einführung einer digitalen Bezahlkarte als Ersatz für Barleistungen.

Für Asylsuchende aus Staaten, für die die Anerkennungsquote unter fünf Prozent liegt, seien zudem beschleunigte Verfahren geplant. Um die Rahmenbedingungen für das geplante Abschiebegesetz zu schaffen, verpflichteten sich die Länder, die Haft- und Gewahrsamsmöglichkeiten zu überprüfen sowie bei Bedarf auszuweiten. Neu ist, daß Erstantragsanhörungen künftig in den Asyl-Heimen stattfinden sollen. Maximal vier Wochen nach der Antragstellung müsse es einen Termin geben. Beschlossen wurde auch, eine Kommission „unter Einbeziehung von gesellschaftlichen Gruppen“ – etwa Kirchen und NGOs – einzurichten.

Die Reaktionen fielen erwartungsgemäß unterschiedlich aus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einem „historischen Moment“, Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU), zur Zeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, nur von einem „wichtigen ersten Schritt“, während Nieder-sachsens Ministerpräsident Stephan Weil, Wortführer der SPD-regierten Länder, die große Entlastung für die Kommunen hervorhob. 

Vertreter der im Bund mitregierenden FDP nannten die Ergebnisse einen „Meilenstein“, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hält die Beschlüsse für nicht ausreichend, während der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour mahnte, man müsse das Beschlossene jetzt erst einmal umsetzten. Die AfD spricht von einem „erwartbaren Nicht-Ergebnis“. Einig seien sich die Verhandler nur darin geworden, „das Asyl-Chaos mit noch mehr Geld vom Steuerzahler zuzukleistern“, kritisierten die beiden Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, Alice Weidel und Tino Chrupalla. Von einem „ernsthaften Willen, die illegale und ungeregelte Migration zu beenden“, die den inneren Frieden gefährde, könne keine Rede sein.

Aus der Union hieß es, die gesetzlichen Änderungen müßten nun zügig beschlossen werden.