Bei den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles ist Flag Football erstmals im Programm. Damit erlangt die „Randsportart einer Randsportart“, wie es deutsche Medien beschrieben, internationale Bekanntheit. Flag Football entspricht in den Grundregeln dem American Football – nur wer kennt die außerhalb der USA? Die noch am geläufigsten Touchdown, Fieldgoal, Safety: auch das gibt es beim Flag Football. Genauso wie schnelle Läufe und attraktives Paß-Spiel.
Wesentlicher Unterschied zum American Football ist, daß die Verteidigung den ballführenden Angreifer stoppt, indem sie ihm ein Fähnchen (Flag) aus dem Gürtel zieht, statt eines körperlichen Tacklings. Flag Football wird zudem meistens im Modus 5 gegen 5 gespielt, geschlechtlich gemischte Teams sind hierbei zugelassen. Wesentlicher Bestandteil ist ein weiträumiges Lauf- und Paßspiel, das den Spielern Schnelligkeit und Gewandtheit abverlangt. Keine Gewalt, Mann-Frau-Mix: hört sich irgendwie woke oder nach Grundschulhof an.
Kommerzielle Interessen
der US-Amerikaner
Da körperliche Kraft nicht gegen den Gegner angewandt werden kann, sinkt das Verletzungsrisiko. Das Spiel beginnt an der eigenen Fünf-Yard-Linie mit einem Snap des Centers zum Quarterback, der den Ball entweder nach vorne paßt, um einen Receiver beziehungsweise Fänger zu finden, oder ihn an einen Running Back abgibt. Der Spielzug ist vorbei, wenn entweder eine Flagge abgezogen wird, der Ballträger ins Aus geht oder ein Vorwärtspaß auf den Boden fällt. Die angreifende Mannschaft hat vier Versuche – sogenannte Downs –, um die Mittellinie zu erreichen. Gelingt dies, hat sie weitere vier Versuche, um die Endzone zu erreichen und einen Touchdown zu erzielen.
Gelingt dies nicht, wird der Ball an die gegnerische Mannschaft übergeben, die an ihrer eigenen Fünf-Yard-Linie beginnt. All dies ist dem klassischen Football sehr ähnlich. Attraktiv ist die Sportart vor allem, weil keine teure Schutzkleidung benötigt wird. Ein Flag-Football-Spiel besteht aus zwei 20minütigen Halbzeiten. Steht es nach 40 Minuten unentschieden, beginnt die Verlängerung, in der die Mannschaft, die zuerst einen Treffer erzielt, den Sieg davonträgt.
In Amerika spielen acht Millionen Spieler Flag Football, davon aber nur 500.000 den klassischen Football. Der siebenfache Super-Bowl-Sieger und Quarterback-Legende Tom Brady spielte von der Grundschule bis zu seinem ersten Jahr an der High School Flag Football. Der europäische NFL-Ableger hatte 1997 damit begonnen, den Sport in Deutschland bei Kindern und Jugendlichen vor allem an Schulen bekannt zu machen.
Flag Football war ursprünglich eine Art Freizeit-aktivität für amerikanische Soldaten während des Zweiten Weltkriegs, die das Spiel dann mit nach Hause brachten. In Fort Meade in Maryland sollen die ersten Flag-Football-Begegnungen stattgefunden haben. Ursprünglich hieß es „Touch and Tail Football“, bevor der Name nach dem Krieg geändert wurde.
In Deutschland gibt es mittlerweile eine eigene Liga, die den Meistertitel ausspielt. Der Flag Football ist innerhalb des American Football Verband Deutschland (AFVD) organisiert. Zunächst nur für Kinder und Jugendliche an Schulen gedacht, gewann das Spiel auch schnell Interesse bei den Erwachsenen. 1997 fand auf deutschem Boden das erste Flag-Football-Turnier in Wiesbaden statt. Bei dem Wettbewerb traten zwei US-amerikanische und ein deutsches Team an.
Über 300 Hobby- und Ligenmannschaften haben sich seitdem in Deutschland gebildet. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde die Sportart bekannt, als das Nationalteam im August den Europameister-Titel gewinnen konnte. Daß die US-Amerikaner Einfluß auf die Verbreitung der Sportart in Europa haben, gefällt dabei nicht jedem. Das NFL-Schulprogramm, mit dem der American Football in Deutschland vorangebracht werden soll, stieß vor allem bei Gewerkschaften auf Kritik. Thilo Hartmann, Chef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Hessen, sieht gegenüber dem Hessischen Rundfunk hinter dem Engagement in erster Linie kommerzielles Interesse, vor dem die Schüler eigentlich geschützt werden müßten.