Agitation. Der reißerische Buchtitel, der verspricht, die Wissenschaften als „Hoflieferanten“ der Politik zu entlarven, macht neugierig. Zumal wenn das Opus aus der Feder eines Autors wie dem Bonner Staatsrechtler Klaus Ferdinand Gärditz stammt, der als medial sehr präsenter „rechtswissenschaftlicher Experte“, als Pro-Asyl und Anti-AfD-Agitator, fest im linksgrünen Sympathisantenlager verankert ist, wo er sich zuletzt mit einer Eloge auf die ausgeschiedene grüne Bundesverfassungsrichterin Susanne Baer blamierte. Als einem Kenner der Szene wäre also von einem aus dem Nähkästchen plaudernden Gärditz die avisierte „essayistische Streitschrift“ zu erwarten gewesen. Stattdessen widmet er dem eigentlichen Thema, dem heute reüssierenden Hoflieferantentum der Wissenschaft, kaum zehn Seiten. Und die bieten keine Analyse, sondern neidische Polemik gegen Kollegen, die in den „ministerialen Kaffeekränzchen von Berlin-Mitte“ noch enger mit der Macht kuscheln dürfen als er. Kein Wort verschwendet er indes über jene staatlich alimentierte, Verblendungszusammenhänge stiftende „Gefälligkeitsforschung“ (Norbert Bolz), die eigentliche Erste Garde der Hoflieferanten, die Politik und Medien unentwegt mit pseudowissenschaftlichen „Studien“ gegen „Rechtsextremismus“ und für Masseneinwanderung füttert. (wm)
Klaus Ferdinand Gärditz: Hoflieferanten. Wie sich Politik der Wissenschaft bedient und selbst daran zerbricht. Hirzel Verlag, Stuttgart 2023, gebunden, 231 Seiten, 24 Euro
Kontrafaktisch. Mit dem Kenntnisstand der Gegenwart auf die Vergangenheit zu blicken verzerrt diese. Der deutsch-israelische Historiker Dan Diner versucht sich trotzdem an diesem Experiment. Er konzeptionierte die bis November 2024 andauernde Ausstellung „Roads not Taken. Oder: Es hätte auch anders kommen können“ im Deutschen Historischen Museum in Berlin. Ein Blick auf 14 Eckpunkte deutscher Geschichte von 1989 rückwärts, erzählt bis 1848. Allerdings zeigt Diner Alternativen auf: Was, wenn die DDR-Regierung, wie im Sommer 1989 die Chinesen, auf ihre Bevölkerung geschossen hätte? Was, wenn die Brücke von Remagen gesprengt worden wäre? Hätten die Amis die Atombombe über Ludwigshafen gezündet? Was, wenn Hitler am 20. Juli weggebombt worden wäre? Ist die Ausstellung schon textlastig, der Katalog um so mehr. Für jeden Geschichtsinteressierten bietet er allerdings nichts Überraschendes. „Zahnschmerzen“, so hieß ein Fernsehspiel aus dem Jahr 1975. Das Drama ging der Frage nach: Wie hätte sich Deutschland entwickelt, wenn es den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätte? Sehr spannend, im Gegensatz zur Ausstellung und dem Katalog. (mec)
Dan Diner u.a. (Hrsg.): Roads not Taken. Oder: Es hätte auch anders kommen können. Verlag C.H. Beck, München 2023, broschiert, 285 Seiten, 28 Euro