© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/23 / 27. Oktober 2023

Attraktives Angebot für AfD und CDU-Wähler?
Wagenknechts Linkskonservatismus
(ob)

Zu Beginn dieser Woche beendete die politische Unternehmerin und Bestsellerautorin Sahra Wagenknecht Spekulationen über eine Parteineugründung, indem sie den Verein „Bündnis Sahra Wagenknecht – für Vernunft und Gerechtigkeit“ vorstellte, der die baldige Gründung einer „SW-Partei“ vorbereiten soll. Dieser traut Horst Kahrs, Sozialwissenschaftler am Institut für Gesellschaftsanalyse der linken Rosa-Luxemburg-Stiftung, jedoch nicht zu, die vielbeklagte „Repräsentationslücke“ im deutschen Parteiensystem zu schließen und der AfD die Hälfte ihrer Stimmen abzunehmen (Blätter für deutsche und internationale Politik, 10/2023). Denn die für den Wahlerfolg entscheidende Frage laute: Was könnte AfD- und auch CDU-Wähler denn dazu bringen, zur SW-Partei zu wechseln. Der von Wagenknechts „Linkskonservatismus“ geführte Kulturkampf gegen die linksliberale, nur noch „skurrile Minderheiten“ vertretende  „Lifestyle-Linke“ gewiß nicht. Ihr „nationaler Sozialstaats-Konservatismus“, der links zu sein beansprucht, müßte vielmehr beantworten, welche Nation gemeint ist, um sich vom rechten Nationalismus zu unterscheiden: die ethnisch-völkische oder die republikanische? Sollte ersteres der Fall sein, laufe die Positionierung der neuen Partei auf eine Ausgrenzung ausländischer Arbeitnehmer hinaus, denen nach Kahrs’ Auffassung Deutschland einen erheblichen Teil seines Wohlstands verdanke. Entscheide Wagenknecht für die republikanische Alternative, komme sie nicht darum herum, das fehlende Wahlrecht für sozialversicherungspflichtige nicht-deutsche Arbeitnehmer, die in etlichen Großstädten 30 Prozent ihrer potentiellen Wähler stellen, zur Diskussion zu stellen. 


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