Der transatlantische Gipfel war die letzte Chance vor den US-Wahlen im November 2024. Bald herrscht jenseits des großen Teichs nur noch geballte Unvernunft. Dank ihrer bedingungslosen öffentlichen Unterstützung für die Ukraine und Israel erhielt Ursula von der Leyen eine Sonderaudienz im Weißen Haus, während EU-Ratspräsident Charles Michel sozusagen am Katzentisch Platz nehmen mußte. Daß die heutige Kommissionspräsidentin als Verteidigungsministerin die Bundeswehr ruinierte, ist in Washington vergeben und vergessen. Joe Biden will sie dank der gemeinsamen Kampfrhetorik gegen den Iran, Hamas, Rußland und China zur Nato-Generalsekretärin küren.
Doch sachliche Erfolge blieben vorige Woche aus. Von der im März ankündigten „Rohstoff-Partnerschaft“ mit den USA bleibt nichts. Für einen transatlantischen Rohstoffklub ist die EU mit ihren jahrzehntelangen Genehmigungsverfahren für den Abbau Seltener Erden für die USA uninteressant. So bleibt die Absicht, an den US-Milliardensubventionen des Inflation Reduction Act für europäische E-Autos und Batterien in den USA mitzunaschen, eine Seifenblase. Auch bei den von Donald Trump 2018 eingeführten Strafzöllen für Stahl- und Aluminiumexporte, die ohnehin von astronomischen Energiekosten und CO2-Abgabnen benachteiligt werden, gab es keine Einigung. Ende 2023 wird ihre von Biden verfügte Aussetzung auslaufen. Dem US-Vorschlag, stattdessen einen gemeinsamen Strafzoll für „Dumpingländer“ (sprich: China) einzuführen, traut sich die EU aus Angst vor einem Handelskrieg mit Peking und den Gegensanktionen auf EU-Exporte und Fabriken im Land der Mitte nicht zuzustimmen. Stattdessen verweist die EU auf die zahnlosen Verfahren vor der WTO in Genf, die weder die USA noch China je beeindruckt haben.
So wird die „strategische Souveränität“ der Europäer, je mehr sie beschworen wird, immer irrealer und ohnmächtiger. Verantwortlich sind neben dem Dauerstreit an der EU-Spitze, der dem autokratischen Leyen-Regiment geschuldet ist, auch die wachsende Uneinigkeit der zunehmend führungslosen 27 Mitgliedstaaten: beginnend von einsamen und erratischen Pariser Entschlüssen über die Berliner Chaoten-Ampel bis nach Ungarn, das immer offener mit chinesischen und russischen Karten spielt.