Der DJ D-Sol tritt nicht mehr auf. Sympathien der jüngeren Generation wollte Goldman-Sachs-Chef David Solomon mit seinen Auftritten gewinnen, irritierte jedoch damit Kollegen und potentielle Kunden. Der 61jährige muß sich mehr auf sein Geschäft konzentrieren: Im achten Quartal in Folge sinken die Gewinne der „systemrelevanten“ Großbank – zuletzt um 36 Prozent. Nur im Investmentbanking stiegen die Gewinne erstmals seit zwei Jahren. Die Fokussierung auf den Aktien- und Rentenhandel sowie das Investmentbanking mit Fusionsberatung und Wertpapierneuemissionen erweist sich nach Jahren stetigen Wachstums jetzt als Klotz am Bein. Im Investmentbanking sind bei jedem der großen US-Häuser die Einnahmen im Vergleich zu 2021 um zwei Drittel eingebrochen. Gelegentliche Lichtblicke wie die Neuemission des Chipdesigners ARM oder Birkenstock ändern nichts am Gesamtbild.
Vorbei ist der Ausflug in das Massengeschäft mit Verbraucherkrediten. Zwei Beteiligungen an entsprechenden Fintech-Firmen wurden mit Verlust verkauft. Goldman hat aufs falsche Pferd gesetzt, denn American Express meldete gerade einen Anstieg bei seiner Platinum Card mit 695 Dollar Jahresgebühr, einer Klientel, die näher an Goldmans Stammkundschaft liegt. Ganz raus aus dem Massengeschäft ist Goldman nicht – in der Vermögensverwaltung gibt es weiterhin zwei Filialen, die nicht den Goldman-Namen tragen und sich Vermögensverwaltung unter zehn Millionen Dollar widmen.
Anders sieht es beim New Yorker Erzrivalen Morgan Stanley aus. Um 30 Prozent schrumpfte das Investmentbanking, was angesichts des rückläufigen Neuemissionsgeschäfts keine Überraschung ist. Starke Schwankungen in diesem Segment in Abhängigkeit von der Konjunktur sind zu erwarten, was seit 18 Monaten in der gesamten Branche der Fall ist. Überraschend war das langsamere Wachstum der Vermögensverwaltung; nur 36 Milliarden Dollar an neuen Kundengeldern wurden eingebracht. Im Vorquartal waren es 65 Milliarden gewesen.
Gebühren in diesem Bereich sind unabhängiger von der Konjunktur als im Investmentbanking, weshalb die 16.000 Vermögensverwalter mit 2,7 Billionen Dollar an verwalteten Kundenvermögen Morgan Stanley mit Abstand zum Marktführer machen und als das Kronjuwel der Firma gelten. Goldman Sachs kommt mit knapp 2.500 Beratern auf nur 220 Milliarden Dollar an Kundenvermögen und hat damit weniger als ein Zehntel des Volumens von Morgan Stanley oder der Schweizer UBS. Beide Großbanken stehen im Schatten des US-Giganten JPMorgan Chase, dessen Gewinne 35 Prozent zulegen konnten.
Personal bleibt Kostenpunkt Nummer eins. 34 Prozent der Gewinne von Goldman Sachs dienen der Entlohnung der Angestellten, die erhebliche Einbußen hinnehmen mußten – wenngleich auch auf extrem hohem Niveau. Für Solomon selbst blieben voriges Jahr 25 Millionen Dollar nach einer Kürzung um 29 Prozent. Für das laufende Jahr dürfte es nochmal weniger werden. Bei Morgan Stanley fiel die Kürzung für den Chef Jim Gorman geringer aus: 31,5 Millionen blieben nach einem zehnprozentigen Abschlag. Vielleicht hätte Solomon es mit Klavierspielen statt Electronic Dance Music (EDM) versuchen sollen: Helmut Schmidt nahm als Kanzler im Dezember 1981 Mozarts Konzert für drei Klaviere mit Justus Frantz und Christoph Eschenbach auf, ohne Kritik auf sich zu ziehen – zumindest nicht deswegen.