© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/23 / 27. Oktober 2023

Grüße aus … Bern
Bitte bleiben Sie fern
Frank Liebermann

In letzter Zeit liest man immer wieder von Deutschen, die sich nichts sehnlicher wünschen, als in die Schweiz auszuwandern. Nicht wenige glauben, hier das Paradies zu finden oder zumindest Verhältnisse, wie sie in Deutschland noch vor 20 Jahren normal waren. Wer sich in Bern umschaut, wird das auf den ersten Blick tatsächlich feststellen.

Die Schokolade schmeckt besser als anderswo, die Uhren sind schön und laufen, die umliegenden Berge haben schneebedeckte Gipfel, und alles ist so sauber, als wäre es vor wenigen Minuten geputzt worden. Nicht zu vergessen ist die legendäre Pünktlichkeit. Wenn der Zug laut Fahrplan um 12.29 Uhr abfahren soll, dann fährt er zu diesem Zeitpunkt tatsächlich ab. Doch der potentielle Neubürger darf sich von der glänzenden Fassade nicht blenden lassen. Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Außer Gold, das ist hier immer echt.

Wirtschaftsminister Habeck und die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen waren gar nicht begeistert.

Denn eines wissen die internationalen Institutionen: Die Schweiz ist abgrundtief böse. So hat der Uno-Menschenrechtsrat entdeckt, daß hier der Rassismus grassiert. Da nützt es auch nichts, daß die Berner immer so nett grüßen. Diese Uno-Expertengruppe hat zum Beispiel gravierende Diskriminierungen festgestellt, unter anderem in staatlichen Organisationen wie Justiz und Polizei. Befragt haben sie dazu einen medienbekannten Intensivstraftäter im Gefängnis. 

Problematisch sind auch die großen multinationalen Konzerne. Diese unternehmen wenig für die Menschenrechte und investieren noch immer in fossile Energieträger. Und diese Kritik ist nicht einmalig, sondern kehrt fast jedes Jahr wieder. Dieses Mal gab es 317 Empfehlungen an die Schweiz, von denen der Bundesrat 209 umsetzen möchte. Immerhin. Aber was ist mit dem Rest?

Es gibt viele andere Staaten, die mit den Schweizern ebenfalls nicht glücklich sind. Minarett- und Burkaverbote sind dort das Stichwort. Etliche islamische Länder haben das Unrecht gegenüber ihren Glaubensbrüdern und -schwestern in der Alpenrepublik bemängelt.

Und jüngst kam die Kritik wegen der Ukrainepolitik hinzu. So weigerte sich das Berner Regime, die Weitergabe von Waffen und Munition an die Ukraine zu erlauben, selbst wenn das über lupenreine Demokratien wie Deutschland läuft. Eine breite Mehrheit im Parlament lehnte das ab. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck und die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen waren gar nicht begeistert. Hinzu kommt, daß die Finanzbehörden in der Schweiz nicht sehr aktiv sind, bei der Einfrierung von Oligarchengeldern. Seitdem sind wir die „Putinversteher“.

Bei so viel internationaler Kritik könnte man fast glauben, nicht nur das Fondue stinke hier. Daher gilt: Obacht vor der Einreise.