© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/23 / 27. Oktober 2023

Witz der Woche
Gendersprech parodiert
Jörg Kürschner

Beim diesjährigen Betriebsausflug der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung trafen sich die rund 60 bis 80 Mitglieder zu einer Bootstour. An Bord war auch Manfred Richter, liberales Urgestein, einst Oberbürgermeister von Bremerhaven sowie sieben Jahre Bundestagsabgeordneter. Und passionierter Kabarettist: 1992 war er Mitgründer der „Wasserwerker“, der überparteilichen Kabarettgruppe im Bundestag. Auch auf der Dampferfahrt nahm der 74jährige zusammen mit Michael Roick – einem langjährigen wissenschaftlichen Mitarbeiter der Naumann-Stiftung – das aktuelle Politikgeschehen aufs Korn. Immerhin waren sie in den vergangenen Monaten zusammen mit dem Programm „Dichtung und Wahrheit“ bundesweit unterwegs; mit wohlwollendem Einverständnis der Friedrich-Naumann-Stiftung. Doch die anderen Ausflugsgäste zeigten dem Duo die rote Karte. Hatte Richter es doch gewagt, das Gendern zu parodieren, pointiert und treffsicher. Zum Verdruß der offenbar politisch korrekten Stiftungskollegen, die die beiden Kabarettisten mehrheitlich ausbuhten. Dann war auch noch vom „Mohrenkopf“ die Rede. Wohl in Anspielung auf die in Berlin anstehende Umbenennung der Mohrenstraße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße. Da fiel sogar das böse Wort „Rassismus“. Die Stimmung auf dem Kahn war dahin. Vorstandschef Karl-Heinz Paque, einst Finanzminister von Sachsen-Anhalt, distanzierte sich von Richter, entschuldigte sich bei seinen Mitarbeitern ausdrücklich für dessen Auftritt. Richter, FDP-Mitglied seit 1966, erklärte empört umgehend seinen Rücktritt als Schatzmeister der Stiftung. Nach zwanzig Jahren ehrenamtlicher Arbeit im Vorstand. Das Programm von Richter & Roick, überall gefeiert und beklatscht, war durchgefallen. Ausgerechnet bei seinen Parteifreunden, den Liberalen, die viel von Toleranz reden.