© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/23 / 27. Oktober 2023

Schlachtfeld Deutschland
Anti-Israel-Demos: Überall auf unseren Straßen sammeln sich Terror-Sympathisanten der Hamas
Martina Meckelein / Lorenz Bien

Seit dem Massaker der Hamas an Israelis, Deutschen, Amerikanern, an 1.300 unschuldigen Männern, Frauen, Kindern und Greisen ist vielerorts in Deutschland der Mob unterwegs. Araber pöbeln, drohen und zündeln Hand in Hand mit der deutschen Antifa und Linksradikalen. Im Bundestag diskutieren Abgeordnete unterdessen ergebnislos. Der Bundespräsident hält eine Rede. 

„Free, free Palestine“ und „Allahu Akbar“ sind ihre Schlachtrufe. Vor brennenden Barrikaden aus Mülltonnen und Palettenstapeln kreischen junge Männer. Sie tragen die Palästinenser-Fahne um die Schultern und Palästinenser-Tücher um den Kopf. Abends auf der Berliner Sonnenallee rufen sie zur Zerstörung Israels auf.

Diese Demo ist das Ergebnis einer Falschmeldung der Nachrichtenagentur Reuters, die direkt von der Hamas abgeschrieben hatte. Angeblich hätte Israel ein Krankenhaus in Gaza bombardiert – 500 Tote. Die Meldung war falsch. Es traf den Parkplatz des Krankenhauses, die Rakete stammte nicht von den Israelis, sondern vermutlich von der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad. Die Richtigstellung von Reuters wird später kaum wahrgenommen.

Linke skandieren: „Free Palestine from German guilt“

Die Sympathisanten des Hamas-Terrors heißen Migrantifa, Antifa, Islamisten- und Palästinen­sergruppen. Sie halten die Polizei in Atem. Dabei sind ihre Versammlungen verboten. Die Verbotsverfügungen lesen sich im Polizeideutsch folgendermaßen: „Nach Bewertung aller Umstände und Erkenntnisse sowie der Abwägung sämtlicher Interessen – insbesondere des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit – hat die Polizei Berlin die für morgen“, hier steht dann ein Datum, eine Uhrzeit, der Ort und das Motto der Versammlung, „sowie die Durchführung jeder Ersatzveranstaltung bis zum 30. Oktober 2023 in Berlin verboten.“ 

Begründet wird das mit „Erfahrungen der vergangenen Jahre“, die zeigten, daß es „zu volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen, Gewaltverherrlichungen, dem Vermitteln von Gewaltbereitschaft und dadurch zu Einschüchterungen sowie Gewalttätigkeiten“ komme. Demonstriert wird trotzdem.

Flaschen, Steine und Feuerwerkskörper fliegen auf die am 18. Oktober eingesetzten 360 Polizeibeamten. Mehrfach schichten die Protestierenden Holzreste und Mülltonnen auf die Straße, um sie in Brand zu setzen. 

Jedesmal, wenn die Polizei schließlich doch zugreift, erhebt sich der Chor. Ein tiefes, gutturales Brüllen hallt über die Ecke Sonnenallee-Reuterstraße, dazwischen Pfiffe und Empörungsrufe. Wieder Schlachtgesänge. Immer wieder greift sich die Polizei einzelne Protestteilnehmer aus der Menge und nimmt sie fest. Das geschieht selten ohne Gegenwehr. 

In der Folge stürzen der Polizist und der Festgenommene meist gemeinsam auf den Asphalt, worauf umstehende Beamte einen Kreis um beide bilden. Denn immer wieder attackieren auch die Demonstranten die Polizisten, um die festgenommene Person zu befreien. Aus einigen Metern Entfernung fliegen auch Böller, Raketen, Kanonenschläge und Steine. Die sollen wohl die Beamten treffen, explodieren aber häufig genug wahllos in der Menge. Auf einem umliegenden Balkon soll ein Feuer ausgebrochen sein, erklärt die Behörde später, ausgelöst durch umherfliegende Pyrotechnik. 

Doch nicht nur an der Sonnenallee, auch am Pariser Platz und am Potsdamer Platz stoßen Polizisten auf randalierende und demonstrierende Hamas-Freunde. „Im gesamten Verlauf des Einsatzes“, berichtet anschließend die Polizei, „ist es zu 39 Freiheitsbeschränkungen, 65 eingeleiteten Strafermittlungsverfahren und zwölf eingeleiteten Ordnungswidrigkeitsverfahren gekommen. Es wurden 20 Polizistinnen und Polizisten verletzt, zwei von ihnen mußten ihren Dienst beenden.“ Zwei Tage später wird die Polizei melden, daß sie zwei Steinewerfer, Männer im Alter von 25 Jahren, festgenommen hat. Ein Richter erläßt Haftbefehle gegen beide.

Deutsche Linksradikale haben sich den Ausschreitungen angeschlossen. „Hoch. Die. Internationale Solidarität“ stimmen sie hin und wieder an. Doch die migrantischen Demonstranten stimmen nicht ein. Wie die internen Solidaritätsverhältnisse wirklich aussehen, läßt sich an einer Szene am Eingang des Risa-Chicken-Restaurants, direkt an der Ecke des Platzes, ablesen. 

Als die Polizei vorstürmt, suchen dort Migranten, Deutsche und ein Journalist gemeinsam Schutz. Ein junger Araber stößt die anderen schließlich aus dem Eingang und schafft Platz für seine Glaubensbrüder. „Ey, geht mal beiseite jetzt“, brüllt er ihnen aggressiv entgegen. Der Gedanke, daß auch sie dort unterkriechen wollen, scheint ihm nicht zu kommen. Auf der linksextremistischen Seite Indymedia schwadronieret die Antifa währenddessen von Solidarität mit Gaza. 

Szenenwechsel: Vor dem Auswärtigen Amt versammeln sich Demonstranten. Sie hocken sich auf den Boden – Sitzblockade! Daß es dort friedlich bleibt, hängt mit dem Protestmilieu zusammen: studentisch und weiblich, statt migrantisch und männlich. „Free Palestine from German guilt“ skandieren die Demonstranten. Die Idee dahinter sei laut Zeit, die deutsche Staatsräson aufzugeben. Sie interpretiert die Zeile so: „Die deutsche Schuld am Holocaust stehe dem Ganzen im Weg und mache es unmöglich, zu unterscheiden, wer wirklich Täter und wer Opfer sei.“

Eine Anti-Hamas-Demo wird abgelehnt: zu wenig Polizei

Zwischen acht und neun Uhr abends scheint die Polizei die Lage im Reuter-Viertel zeitweise unter Kontrolle zu bekommen. Sie kesselt die Demonstranten an der Straßenecke ein und greift sich mehr und mehr Personen aus der Menge. Das Demonstrationsgeschehen scheint abzuebben. Doch der Erfolg ist kurzlebig. Gegen Viertel nach neun brechen mehrere Demonstranten aus der Einkesselung aus und fliehen die Sonnenallee entlang, Richtung Osten. Als die Polizei ihnen nachjagt, fliegen wieder einmal Steine und Flaschen. Kurze Zeit später brennt ein Stapel Holz. Der Wasserwerfer löscht.

Dieses Katz-und-Mausspiel findet seit dem 7. Oktober fast allabendlich in Berlin statt. Aber auch in Freiburg, Hamburg, Bremen, Siegen, München, Düsseldorf. Die Bild-Zeitung nennt diese Demonstrationen „Haß-Demos“. Öffentlich-rechtliche Sender und linksliberale Zeitungen bezeichnen sie als „Pro-Palästina-Demonstrationen“. 

Doch bei einigen Wortmeldungen vor Ort wird klar, daß es den Demonstranten nicht nur um das Auslöschen Israels („From the River to the Sea“) geht, sondern um die Übernahme Deutschlands. Die Bild berichtet von einer Demonstration in Düsseldorf mit 2.000 Teilnehmern. Ein Redner soll dort dem „CDU-Oberbürgermeister Keller“, gedroht haben, „er solle seinen Kurs ändern, sonst kämen sie jeden Samstag, ihre Kinder wären bereits 30 Prozent der Schüler“.

Anti-Hamas-Demonstrationen finden hingegen nicht statt. Die Polizei kann sie nicht schützen. Für den 20. Oktober wollte der frühere Berliner Abgeordnete Marcel Luthe eine Demonstration mit zehn Teilnehmern anmelden. Er wollte, so berichtet der Tagesspiegel, vom Rathaus Neukölln über die Sonnenallee bis zur Al-Nur-Moschee, einem Salafistenstützpunkt, ziehen. Dort sollten 200 Luftballons mit der Aufschrift: Free Gaza from Hamas“ in den Himmel steigen. Die Gefährdung sei zu hoch, die Polizei benötige zum Schutz der Demonstranten fünf Hundertschaften. Wie hoch die Aggression ist, machen zwei Zahlen deutlich: Im Zusammenhang mit dem Hamas-Anschlag wurden bis zum 20. Oktober in Deutschland 1.100 Straftaten verübt, allein in Berlin über 100 Polizeibeamte verletzt.

Am 22. Oktober hingegen durfte ein breites Bündnis von fast allen Parteien ohne AfD, die Deutsch-Israelische Gesellschaft, Deutscher Gewerkschaftsbund und Arbeitgeberverband, der Zentralrat der Juden, die evangelische und katholische Kirche, die muslimische Organisation Alhambra „ein Zeichen der Solidarität“, setzen, wie die linke Kampagnenorganisation campact schrieb.

Redner war der Bundespräsident. „Wir alle in unserem Land sind gefordert, Antisemitismus ist die rote Linie“, ist von Frank-Walter Steinmeier zu hören. Oder: „Den Terroristen rufe ich von hier aus zu: Beenden Sie die Barbarei, lassen Sie die Unschuldigen frei.“ Ob sie auf das deutsche Staatsoberhaupt hören? Immerhin, trotz schleppenden Andrangs, sollen laut Polizei diese Worte 10.000 Menschen vor Ort gehört haben. 

Zwei Tage zuvor hatte der Bundestag noch über die israelfeindlichen Kundgebungen in Deutschland diskutiert. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Benjamin Strasser (FDP), sagte, das was man derzeit erlebe, „sprengt jede Dimension von Antisemitismus in Deutschland“. Er wies, laut Bundestagsdokumentation darauf hin, daß in der Nacht zum Mittwoch in Berlin eine „Synagoge mit Molotow-Cocktails beworfen“ worden sei. 

Für die Bundesregierung sei klar, daß sie noch entschlossener gegen Antisemitismus vorgehen wolle. Dies geschehe etwa mit dem Verbot der Hamas. Auch werde beim Staatsangehörigkeitsrecht klargestellt, daß Antisemiten künftig nicht eingebürgert werden können. Bisher sind das leere Worte. Denn ein Organisationsverbot gegen die Hamas ist gar nicht möglich, wenn überhaupt ein Betätigungsverbot. Doch das schert die Hamas und ihre Unterstützer eh nicht.