Putin und die AfD. Joachim Gauck macht sich Sorgen um die Demokratie. Die wird, so führt er es in seinem mittlerweile 16. Buch aus, sowohl von äußeren wie auch inneren Umständen bedroht. Als äußere Gefahr macht er dabei in erster Linie Rußland aus. Der Westen, so seine These, habe verlernt, Feindschaft für möglich zu halten und sei gleichgültig gegenüber der eigenen Freiheit geworden. Kaum jemand, so zeigen es Umfragen, sei in Deutschland tatsächlich bereit, das eigene Land notfalls mit der Waffe zu verteidigen. Die andere Bedrohung der Demokratie sieht Gauck in, wer hätte es ahnen können, der Erfolgswelle rechter oder populistischer Parteien in Europa. Diese Parteien würden, so stellt es Gauck einfach pauschal in den Raum, die Gewaltenteilung und das Recht abschaffen wollen. Etwa indem sie Verfassungsgerichte mit eigenen Leuten besetzen würden. Ob er dabei an Stephan Harbarth dachte, verrät Gauck nicht. Welche Anzeichen es gebe, daß der Rassemblement National oder die AfD derartiges plane, läßt Gauck ebenfalls unbeantwortet. Daß die Corona-Maßnahmen der Jahre 2020 bis 2022 im Rückblick maßlos überzogen waren, räumt der Autor freimütig ein. Die Demokratie sei dabei allerdings nicht gefährdet gewesen. Zum einen habe es bei den Maßnahmen keinerlei Willkür gegeben (sic!), zum anderen sei sich die Regierung der Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung sicher gewesen. Spätestens hier möchte man das Buch dann am liebsten weglegen. (lb)
Joachim Gauck / Helga Hirsch: Erschütterungen. Was unsere Demokratie von außen und innen bedroht. Siedler Verlag, München 2023, gebunden, 224 Seiten, 24 Euro
Medienkritik. „Mainstreammedien“, „Lügenpresse“, „Zwangsgebühr“ sind Begriffe, die ein ideologisch einseitig geprägtes Presse- und Rundfunksystem kritisieren – und werden in Regel einem regierungskritischen rechtskonservativen Milieu zugeschrieben. Doch für den an der Universität Jena lehrenden Sozialwissenschaftler und tazblog-Autor Lukas Meisner braucht es vielmehr eine „medienkritische Linke“. Denn die Öffentlichkeit werde durch den Kapitalismus kontrolliert, der Marktpropaganda und Lügen aggressiv verbreite sowie Informationen privatisiere. Fundamentale soziale Probleme und ihre Ursachen würden so nicht in ihrer Tiefe angesprochen. Meisner fordert daher „objektive Strukturanalysen statt gefälligem Moralismus“, Kritik an der „bürgerlichen Presse“ anstatt sich „ins liberale Lager einzureihen“ und einen „demokratischen Sozialismus“. Daß globale Techfirmen und Medienhäuser als eine Speerspitze des woken Kapitalismus zu viel Macht konzentrieren, ist in der Tat zu beobachten. Daß es nur endlich wieder „Marxismen“ bedürfe ist inflationär oft gehörte Langeweile und unverbesserliche Verharmlosung der vielen Fehlversuche. (gb)
Lukas Meisner: Medienkritik ist links. Verlag Das neue Berlin, Berlin 2023, broschiert, 160 Seiten, 16 Euro