Unser heutiges Geldsystem zeichnet sich durch zwei Eigenschaften aus. Zum einen stellt es eines der größten sozialen Probleme dar: Das staatliche Geldsystem im Verbund mit einem teilgedeckten Bankensystem führt zu Konjunkturzyklen, erlaubt das Aufblähen des Staatsapparats, verteilt auf ungerechte Weise um, fördert die Kurzsichtigkeit, verwässert die Werte, und verarmt die Gesellschaft. Zum anderen ist das heutige Geld- und Finanzsystem nicht einfach zu verstehen. Die Verbindungen zwischen Staat und Teilbankensystem, das Geldschaffen aus dem Nichts durch das Bankensystem, der Einfluß auf die Preise sind nicht trivial und erst durch beständiges Studium zu meistern. Das große, aber schwer verständliche Problem muß einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden. Und das gelingt Thorsten Polleit aufs vortrefflichste in seinem neuen Buch.
Das Buch selbst ist sachlich gehalten und führt den Leser Schritt für Schritt zum Verständnis des Geldes. Auf diese Weise eignet es sich als Lehrbuch zur Geldtheorie und zum Finanzsystem in Tradition der Österreichischen Schule. Würden die deutschen Universitäten nicht dem ökonomischen Mainstream hinterherlaufen, könnte „Des Teufels Geld“ unter dem Titel „Einführung in die Geldtheorie“ an deutschen Fakultäten Einzug halten.
Zunächst erklärt Polleit die Funktionen, Wertbestimmung sowie den Ursprung des Geldes. Im zweiten Kapitel geht es um die Kaufkraft des Geldes und die Inflation. In diesem Zusammenhang wird auch die deutsche Hyperinflation vor genau hundert Jahren verständlich gemacht. Denn auch die Geldgeschichte kommt in diesem Werk zu Recht nicht zu kurz. Das dritte Kapitel zeichnet die jüngere Geldgeschichte vom klassischen Goldstandard bis zum gegenwärtigen Fiatgeldsystem nach. Im nächsten Kapitel geht Polleit auf die Verbindung zwischen Staat und Geld ein. Dabei wird auch eine treffende Kritik der sogenannten Modern Monetary Theory vorgebracht und – äußerst spannend – der Great Reset im Zusammenhang mit dem Digitalen Zentralbankgeld seziert. Das fünfte Kapitel behandelt den Zins. Polleit zeigt den Zusammenhang von Nominalzins, Realzins und Urzins auf und welche Folgen die finanzielle Repression hat. Im sechsten Kapitel geht es um die Folgen des Fiatgeldes in Form von Überschuldung, von Kapitelverschwendung durch Konjunkturzyklen, und kollektiver Korruption.
Die kollektive Korruption ist ein von Thorsten Polleit selbst geprägter Begriff und beschreibt den Umstand, daß ein inflationäres Fiatgeldsystem mit künstlich niedrigen Zinsen die Menschen in die Schulden treibt und damit zu Teilhabern am Fortbestand des Systems macht. Wer im inflationären Fiatgeldsystem nicht abgehängt werden will, muß sich verschulden. Wer sich verschuldet, ist an weiterhin künstlich niedrigen Zinsen interessiert und scheut die Verwerfungen, die dadurch aufkommen, daß die Inflation stockt und die Zinsen auf ihr Normalniveau steigen, was Unternehmensinsolvenzen sowie eine große Wirtschaftskrise auslösen kann. In diesem Kapitel werden auch die neusten Entwicklungen zum digitalen Zentralbankgeld diskutiert und die Gefahr eines weltweiten Fiatgeldes dargestellt, was wiederum die Aktualität des Werkes unter Beweis stellt.
Nun gibt es einige Bücher, die sich auf die Darstellung des Problems beschränken, was unter Umständen für den Leser unbefriedigend bleibt, sehnt er sich doch nach Auflösung des Problems. Nicht so Thorsten Polleits Werk. Denn er präsentiert ausführlich im siebten und achten Kapitel eine Alternative zum derzeitigen Geldsystem. Sehr richtig stellt er fest, daß zunächst eine Aufklärung über die Probleme des Geldsystems notwendig ist. Genau das leistet er in den ersten sechs Kapiteln seines Werkes. Nur wenn sich die Menschen der Probleme des Geldsystems bewußt werden, können sie auch eine Kraft entfalten, die Änderungen bewirkt. Auf die Aufklärung folgt die Lösung: ein freier Markt für Geld. Der Übergang zum guten Geld wird in Kapitel 9 skizziert unter Rückgriff auf Reformvorschläge von Mises, Hayek, Rothbard und Huerta de Soto. Polleit selbst exerziert anhand von aktuellen Zahlen einen möglichen Übergang hin zu einem vollgedeckten Goldgeld. Mithin erklärt der Autor nicht nur das komplexe Geldproblem verständlich für seine Leser, er legt zudem überzeugend vor, wie des Teufels Geld überwunden werden kann.
Thorsten Polleit: Des Teufels Geld. Der faustische Fiatgeld-Pakt – wie wir ihn kündigen und zu gutem Geld zurückkehren. Finanzbuch Verlag, München 2023, gebunden, 352 Seiten, 25 Euro