© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/23 / 20. Oktober 2023

Haltungsnote
Fünf, setzen!
Gil Barkei

Viele kritische Stimmen warnen seit Jahren davor, daß die Bundesrepublik bei der Digitalisierung den Anschluß verliert. Vielleicht sorgt die einer Wirtschafts- und Branchengröße ja endlich für ein Erwachen. „Ich würde Deutschland die Note Fünf geben“, stellt Telekom-Chef Timotheus Höttges im FAZ-Interview ernüchtert fest. „Der sogenannte DESI-Index untersucht dreißig europäische Unternehmen, danach sind die Netze, die Infrastruktur und die Bandbreiten auf Platz vier, während die öffentlichen Dienste von Platz 13 auf Platz 18 abgesackt sind.“ Peinlich! Als „viertgrößte Wirtschaftsnation der Welt“ müsse Deutschland eigentlich „in der Digitalisierung Spitze sein“. Das Land dürfe sich nicht zufriedengeben, fordert der 61jährige, dessen Vertrag noch bis 2026 läuft. Der Gesamtzustand sei schlecht. „Tim“ hofft auf schnelle Reaktionen – endlich. „Vielleicht ist die Fünf harsch, aber ich bin immer jemand, der eher polarisiert, um Aufwachrufe zu starten.“

Bei all der berechtigten und notwendigen Kritik muß sich Höttges aber auch an die eigene Nase fassen. Bei T-Mobile Karriere gemacht, kennt er die Mißstände seit langem, und auch die an sich selbst vergebene Zwei „bei den Netzen“ und „Zwei plus“ für die Deutsche Telekom insgesamt ist ausbaufähig. Erst recht, weil in der Konzern-IT ein Viertel der Jobs wegfallen soll – auch wegen KI, was die Frage aufwirft, ob mehr Digitalisierung ebenso Fluch statt Segen sein kann.