© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/23 / 20. Oktober 2023

Wahlen in Polen
Opportunisten ausgetauscht
Kuba Kruszakin

Ein polnisches Sprichwort lautet: „Es ist niemals so schlimm, daß es nicht schlimmer kommen könnte.“ Das hat es in sich: Eigentlich hat die regierende PiS die Abwahl verdient. Zu plump war die Rhetorik auch gegen Deutschland, zu stark ideell wie personell ausgelaugt ist die Partei an sich. Diese Niederlage ist ein mahnendes Beispiel für Rechte, daß Macht, Wille und ein paar gute Ansätze nicht ausreichen, wenn dahinter keine überlegte Strategie steckt.

Doch wer sich jetzt als Deutscher über den Sieg der Opposition freut, tut es zu früh. Zu viele Details sind unbestimmt: so etwa bei der Migrationspolitik. Es ist keineswegs klar, ob die neue Regierung aus dem liberalkonservativen „Dritten Weg“, den Bürgerlichen und den Linken das Durchschleusen illegaler Migranten nach Deutschland beendet.

Zwar kritisierte der künftige neue Ministerpräsident Donald Tusk die Doppelmoral der PiS in der Visaaffäre deutlich, und sein Bündnis fordert im Wahlprogramm die EU-Mittel für den Grenzsicherungsausbau.

Doch als er von 2007 bis 2014 zum ersten Mal an der Macht war, hatte er sich einen Ruf als Karrierist erworben, für den die Meinung der Wirtschaft – deren Lobbyisten übrigens in der Visaaffäre eine unrühmliche Rolle spielten – als einziger verbindlicher Wert gilt. 

Hinzu kommt: Die Linke will Pushbacks an der Grenze zu Belarus abschaffen. Wer sicher ist, daß Tusk und der Dritte Weg eine Hürde darstellen werden, unterschätzt den Opportunismus der Politiker an der Weichsel.