Mit Joachim Fests 1973 erschienener Biographie Adolf Hitlers beginnt für den im „History Marketing“ tätigen Maximilian Kutzner die internationale Hitler-Welle. Ohne daß sich damit das öffentliche Interesse am „1000jährigen Reich“ auf die Person seines Führers verengt hätte. Vielmehr sei in den Siebzigern die NS-Zeit auf breiter Front zu einem der wichtigsten Themen in den Massenmedien avanciert. Der Stern schuf daher 1978 ein eigenes Ressort für Zeitgeschichte, und der Spiegel folgte dem Trend „Hitler sells“ geschäftstüchtig mit Dutzenden von Aufmachertiteln, während der britische Historiker Hugh Trevor-Roper 1974 sogar zum Herausgeber der Times aufrückte, wo er dafür sorgte, „den deutschen Diktator immer präsenter zu machen“.
Entlastungsbedürfnisse der Erlebnisgeneration
Soweit das Zentrum der Rezeption in der alten Bundesrepublik lag, erklärt Kutzner diesen durch Spielfilme und TV-Dokumentationen weiter angeheizten „Medialisierungsschub“, den die NS-Zeit erfuhr, mit einer Kombination aus Kollektivpsyche und Wandel des Verhältnisses von Geschichte, Öffentlichkeit und Wissenschaft, in dessen Kontext sich die Neuausrichtung der Erinnerungskultur anbahnte, die in die großen geschichtspolitischen Debatten der achtziger Jahre mündete.
Das von der „Hitler-Welle“ ausgelöste mediale Interesse am Dritten Reich sei nicht verständlich, ohne die nostalgischen Gefühle und die Entlastungbedürfnisse der in der Bonner Republik gesellschaftlich dominierenden Erlebnisgeneration, deren „gute Erinnerungen an schlechte Zeiten“. Wodurch wiederum jene Nischen-Szene erblühte, in der sich Händler mit und Sammler von NS-Devotionalien trafen. „In Antiquitäten glaubten viele Zeitgenossen, eine Rückbesinnung auf eine scheinbar einfachere Vergangenheit zu finden“, während sie selbst nach dem Ende von dreißig „goldenen“ Nachkriegsjahrzehnten ihre Gegenwart als Phase erodierender gesellschaftlicher Orientierungsmarken erlebten (Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 3/2023).
Mit diesem historiographisch erst schwach ausgeleuchteten Milieu, das noch wertvolle Einsichten ins Geschichtsbewußtsein der 1970er und 1980er Jahre vermitteln dürfte, hatte das 1949 mit dem Auftrag, Quellen aus der NS-Zeit zu erschließen und zu erforschen, gegründete Münchner Institut für Zeitgeschichte (IfZ) früh Fühlung. Als deren wichtigste Anlaufstelle bot es jedoch auch ein Einfallstor für Fälscher vom Schlage des „Kleinkriminellen“ Konrad Kujau, der 1982 dem Stern 62 Kladden „Hitler-Tagebücher“ aus eigener Feder verkaufte. Zwar habe nicht das IfZ, sondern das Bundesarchiv Kujaus Fälschung nachgewiesen, aber sie von Anfang an als solche eingestuft, weil Kujaus Phantasieprodukt allzu plump das zeitgeistige Gemisch aus NS-Nostalgie und der nach einem „Schlußstrich“ verlangenden Bonner Geschichtspolitik offerierte.