© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/23 / 13. Oktober 2023

Zeitschriftenkritik: Chronicles – A Magazine of American Culture
Amerikas rechte Rebellen
Julian Schneider

Das Magazin Chronicles erscheint seit beinahe fünfzig Jahren. Gegründet als antikommunistisch-konservative Zeitschrift, erlebte sie einen Aufschwung in den 1990ern, als der Chronicles nahestehende TV-Journalist und Republikaner-Rebell Patrick Buchanan eine große Anhängerschaft begeisterte. Dann wurde die Zeitschrift zum „paläokonservativen“ Widerstandsnest gegen die „Neoconservatives“, die durch ihren aggressiven außenpolitischen Interventionismus und ihre Irak-Kriegsbegeisterung auffielen.

In einem berühmt-berüchtigten Artikel in National Review griff der Neocon-Wortführer David Frum das Chronicles-Lager damals als „unpatriotische Konservative“ an, weil sie gegen den Irak-Krieg waren. Chronicles stand im Abseits. Doch das Blatt hat sich teils gewendet. Die Republikaner haben sich von den Neocons abgewendet und sind Trump gefolgt. Chronicles sieht ihn teils kritisch. Gleichzeitig beklagt die Zeitschrift den „Wokeismus“, der große Teile der Medien, der Universitäten, der Großkonzerne und der Politik erfaßt hat.

Chronicles-Chefredakteur Paul Gottfried sieht eine weitgehende „Gleichschaltung“ des öffentlichen Lebens, wie er im Editorial der aktuellen Ausgabe schreibt. Diese sei ein Charakteristikum aller derzeitigen westlichen Gesellschaften, die vorgeben, die „Toleranz“ zu verteidigen, „Black Lives Matter“ und LGBT fördern und gegen „Diskriminierung“ anzukämpfen, aber faktisch Bürgerrechte einschränken und mißliebige Meinungen zu unterdrücken versuchen. Eine Art Überwachungsstaat sei aktiv, der die Bürger drangsaliere.

Ausgehend von Hannah Arendt diskutiert Gottfried die Wahrscheinlichkeit für einen neuen linken, „woken“ Totalitarismus. Doch Gottfried sieht auch Widerstandskräfte. In den USA zählt er etwa 40 bis 50 Prozent der Bevölkerung zu diesen. Um Freiheit und Tradition zu retten, müßte man die Grenzen und die Immigration kontrollieren und die Übermacht der zentralisierten Regierung stoppen. In eine ähnliche Richtung gehen die Überlegungen des emeritierten Politologen Michael Rectenwald, der an der New York University lehrte. In seinem Artikel „The Two Nations“ skizziert er, wie sich Widerstand von unten gegen einen von oben übergestülpten Globalismus organisieren lasse. David Azerrad, Professor am Hillsdale College in Wa-shington, warnt vor zu viel Pessimismus und meint, trotz einer weitgehenden linken Übernahme vieler Institutionen sei Amerika doch noch zu retten.

Chronicles blickt aber auch über die US-Grenzen hinaus. JF-Chefredakteur Dieter Stein beschreibt in einem Essay, warum der Aufstieg der AfD gegen viele politische, mediale und gesellschaftliche Widerstände einem Wunder gleichkomme.

Kontakt: Chronicles. A Magazine of American Culture, Charlemagne Institute, Bloomington, MN. Das Einzelheft kostet 6,99 Dollar.

 www.chroniclesmagazine.org