Es mache ihm Spaß, „was zu unternehmen, zu entwickeln, zu bauen“, etwas „ins Leben zu bringen und zu sehen, daß es sich entwickelt“, sagte Frank Gotthardt einmal über sich selbst. Ganz in diesem Sinne hat sich der 73jährige Unternehmer 2022 an ein Projekt gewagt, das inzwischen tatsächlich gut gedeiht: die Vius SE & Co. KGaA, deren Aktienmehrheit er laut dem Branchendienst Medieninsider hält. Hinter dem komplizierten Namen versteckt sich ein Berliner Medien-Start-up, das vor allem für sein Nachrichtenportal „Nius“ bekanntgeworden ist und das zudem mit professionellen Youtube-Kanälen lockt – prominentestes Gesicht der Plattform: Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt.
Wer die Medienbranche beobachtet, muß Gotthardt also kennen – was gar nicht so leicht ist, da sich der Mann mit dem zurückgekämmten Haar, der öffentlich bislang allenfalls in Rheinland-Pfalz ein Begriff war, lieber im Hintergrund hält.
Der Spiegel nennt ihn den „Bill Gates aus dem Westerwald“, die Rhein-Zeitung einen „Selfmademan, der seine Karriere ebenso in einer US-Vorstadtgarage oder im Silicon Valley hätte starten können“. 2020 schätzte das Manager Magazin das Vermögen seiner Familie auf 1,4 Milliarden Euro.
Nun unterstützt Gotthardt ein Projekt, das zunehmend als „rechtspopulistisch“ ausgegrenzt wird.
Begonnen hat der 1950 in Siegen geborene Informatiker in einem Lagerraum seiner Tante, damals noch als Student und, wie er erzählt, „ohne einen Pfennig zu besitzen“. Dort entwickelte er zunächst Computerprogramme für den Fleischwarenhandel. Später erwarb er die Zahnarzt-Software eines insolventen Kunden. Innerhalb weniger Jahre vervielfachte er den Kundenstamm, kaufte Unternehmen auf, erweiterte die Produktpalette und machte seine 1987 in Koblenz gegründete CompuGroup Medical mit heute 7.500 Mitarbeitern zur Nummer eins in Deutschland und weltweit zu einem der führenden Unternehmen für EDV im Gesundheitswesen, das zwischenzeitlich auch im MDAX gelistet war. Vor drei Jahren zog sich Gotthardt, der seit über fünfzig Jahren mit einer Zahnärztin verheiratet ist und einen Sohn hat, aus der Geschäftsführung zurück.
Doch der Oldtimer-Liebhaber bleibt umtriebig: In Rheinland-Pfalz besitzt er die regionalen Fernsehsender TV-Mittelrhein und Westerwald-Wied TV. 2010 rettete er die Eishockeymannschaft Kölner Haie vor der Insolvenz, 2019 eröffnete er in Koblenz ein Luxushotel, zu dem seit 2021 auch ein Gourmetrestaurant gehört, das seinen Namen trägt. Zudem führte Gotthardt ab 2012 die rheinland-pfälzische Sektion des CDU-Wirtschaftsrats, eine Unions-nahe Unternehmer-Lobby, die aber, trotz des Namens, nicht Teil der Partei ist. 2021 zog er sich vom Vorsitz sowie aus dem Bundesvorstand zurück, ist seitdem aber Ehrenvorsitzender des Landesverbands.
Über seine politischen An- und Absichten ist wenig bekannt. 2020 gab er sich in Interviews verärgert über fehlenden ökonomischen Sachverstand der Politik, die der Wirtschaft wieder „mehr Raum geben“ solle, und deutete Kritik am Corona-Kurs an: Es sei „schon ein bißchen bedenklich ... ohne klare Befolgung demokratischer Spielregeln“ in Grundrechte einzugreifen. Mit Nius unterstützt er nun ein Projekt, das zwar lediglich bisherige CDU- und FDP-Werte vertritt, zunehmend aber als „rechtspopulistisch“ ausgegrenzt wird. Nachfragen zu seinen Intentionen lehnt Gotthardt leider konsequent ab.