© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/23 / 13. Oktober 2023

Buchhandlung in Stasi-Gedenkstätte
Die DDR trivial gemacht
Jörg Kürschner

Seit fünf Jahren weht der Wind der Anpassung an den Zeitgeist durch die Stasiopfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Es ist kein laues Lüftchen. Auf dem Areal des Ex-Stasi-Knasts verkauft die wirtschaftlich selbständige „Buchhandlung 89“ Erinnerungsliteratur. Der erstaunte Besucher stößt auf ein überdimensioniertes Sortiment zum Widerstand gegen die NS-Diktatur. Im Angebot ist auch allerlei DDR-Krimskrams wie Postkarten und Magneten („Lenins Rat, unsere Tat“), sowie Nostalgie-Kochbücher. Der Widerstand gegen die SED-Diktatur wird relativiert, das Leben in der DDR trivialisiert. Die Stasi-Analysen des 2018 von der Linken und CDU aus dem Amt geputschten Direktors Hubertus Knabe geraten zur Staffage. 

In diesen Tagen wird die Gedenkstätte die rund tausend Toten des sowjetischen Speziallagers Nr. 3 würdigen, deren Leichen in anonymen Massengräbern auf einem Schuttabladeplatz verscharrt worden waren. Hauptredner ist der Historiker Enrico Heitzer, Autor des Machwerks „Der rechte Rand der DDR-Aufarbeitung“. Der SED-Staat soll nicht mehr als kommunistisches Projekt, sondern als Opfer und Erbe des NS-Regimes gedeutet werden. 






Dr. Jörg Kürschner saß 1980 als junger Bundesbürger wegen „staatsfeindlicher Hetze“ zwei Jahre in DDR-Haft und war von 2003 bis 2018 Vorsitzender des Fördervereins der Gedenkstätte Hohenschönhausen.