© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/23 / 06. Oktober 2023

Frisch gepreßt

Freikorps. Mit gewohnter Akribie schildert der Militärhistoriker René Hoffmann die Geschichte der in den bürgerkriegsähnlichen Geburtsjahren der Weimarer Republik zu deren Verteidigung eingesetzten Marinebrigade von Loewenfeld. Doch der zeithistorische Wert dieser Arbeit geht über die manche Legende zerstörende Rekonstruktion der in Oberschlesien, Berlin, Kiel und im Ruhrgebiet spielenden „Ereignisgeschichte“ weit hinaus. Denn Hoffmann bettet seine Darstellung einleitend in „Erfahrungshintergründe der Marine-Freiwilligen“ ein, die sie während des Ersten Weltkriegs prägten. Was ihm zur so kritischen wie luziden Abrechnung mit dem Führungsversagen der Admiralität gerät, das von Tirpitz’ verfehltem Flottenbauprogramm über das Manko eines strategischen Konzepts für die Auseinandersetzung  mit der Royal Navy bis hin zur Unfähigkeit zu verantwortungsvoller Menschenführung auf jenen Großkampfschiffen reicht, deren Matrosen in Kiel und Wilhelmshaven den ersten Schritt zur „Novemberrevolution“ von 1918 taten. Andererseits bieten Hoffmanns abschließende hundert Seiten zur Rezeption und Bewertung der Kämpfe der Loewenfeld-Brigade einen Einblick, inwieweit bundesdeutsche Geschichtsbilder seit den 1970ern von ultralinken Ideologen wie Erhard Lucas und Klaus Theweleit geformt wurden. (wm)

René Hoffmann: Die Marinebrigade von Loewenfeld. Freikorpsgeschichte und Deutungsvormacht. Frank & Thimme Verlag, Berlin 2023, gebunden, 481 Seiten, Abbildungen, 49,80 Euro





Stereotype. Frauenhaß und Frauenmorde in Deutschland – und das aus der Sicht einer Rechtsanwältin dargestellt. Es hätte ein spannendes Buch werden können, ist es leider nicht. Christina Clemm skizziert im Duktus der 1980er Jahre die Gefahr, die für Frauen von einer männerdominierten und patriarchalisch geprägten Gesellschaft ausgeht. Die Fallbeispiele sind stereotyp und schon x-mal beschrieben: die liebende Frau und der Mann, der vom charmanten Werber zum vergewaltigenden und mordenden Monster mutiert. Die Täter stammen bei Clemm häufig aus dem rechtsextremen Milieu. Das Ehebett als Truppenübungsplatz, um später Amok zu laufen und Attentate zu begehen. Wer es glaubt ... Natürlich finden auch Ex-Bild-Chef Julian Reichelt und Rammstein-Frontmann Till Lindemann oder sogenannte Terfs Erwähnung. Das sind Frauen, die von einer biologischen Zweigeschlechtlichkeit ausgehen. Die agierten „zutiefst antiemanzipatorisch“, so die Anwältin. Beim Lesen entsteht der Eindruck, daß es der Autorin einzig um die Implementierung ihres linken Gesellschaftsentwurfes geht. Sie ist keine Hilfe, vielmehr der Feind jeder Frau. (mec)

Christina Clemm: Gegen Frauenhaß. Hanser Verlag, Berlin 2023, gebunden, 254 Seiten, 22 Euro