Soziale Online-Netzwerke abschalten? Das kennt man aus China oder dem Iran. Aber auch EU-Politiker träumen offenbar von uneingeschränkter Macht über die Kommunikation ihrer Untertanen. An der Technik wird bereits gebastelt, und die EU-Kommission ermahnte nun Meta, Google und TikTok, angesichts der anstehenden Europawahlen noch mehr gegen Desinformation zu tun.
Nach sommerlichen Ausländerkrawallen in Frankreich kündigte der französische EU-Kommissar Thierry Breton gar in einem TV-Interview an, soziale Netzwerke notfalls abzuklemmen, sollten diese nicht genug gegen unerwünschte Inhalte unternehmen. Grundlage könne der Digital Services Act sein. Gedacht war dieser als Rechtsrahmen für das Internet, aber er funktioniert auch als Stummschalttaste für mißliebige Meinungen. Zumal zu erwarten ist, daß Anbieter in vorauseilendem Gehorsam lieber zu viel als zu wenig löschen, um eine Abschaltung ihres gesamten Dienstes zu vermeiden.
Die Rede ist von einer „milliardenschweren IT-Industrie“ mit guten Kontakten in die Politik.
Auf Anfragen nach dem Grad der Konkretisierung solcher Zensurphantasien reagierte EU-Kommissar Breton mit vernebelnden Floskeln. Daß Vorstöße zur Einschränkung des freien Austauschs im Netz immer wieder auch aus Frankreich kommen, ist kein Zufall: Schon Macron hatte im Sommer Abschaltungsabsichten ins Spiel gebracht, mußte aber aufgrund öffentlicher und medialer Empörung zurückrudern. Doch erst kürzlich stellte Macrons Regierung einen Gesetzentwurf vor, der Browser-Entwickler zur Implementation von Sperrlisten verpflichten sollte.
Derweil berichten mehrere europäische Medien über ein Geflecht von KI-Entwicklern, PR-Agenturen und NGOs, die im Hintergrund konzertiert Druck pro Chatkontrollen aufbauen. Die Zeit spricht von einer „milliardenschweren IT-Industrie“, die „enge Verbindungen“ zu Ursula von der Leyen aufgebaut habe. Das besonders Perfide: Die Schnüffelei bei WhatsApp & Co. wird der Öffentlichkeit als Maßnahme zum Aufspüren von Kinderpornographie verkauft.
Der Verein „Digitalcourage“ für ungehinderte Kommunikation im Netz kritisiert, so werde Kinderschutz „als Türöffner zur anlaßlosen Massenüberwachung mißbraucht“.