© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/23 / 06. Oktober 2023

„Vielleicht erleben wir eine Überraschung“
Landtagswahl I: In Bayern steht die AfD mit CSU und Freien Wählern gleich zwei Konkurrenten gegenüber. Dennoch will Spitzenkandidatin Katrin Ebner-Steiner die Partei zum Sieg um Platz zwei führen
Moritz Schwarz

Frau Ebner-Steiner, wer macht in Bayern das Rennen um Platz zwei in der Landtagswahl? 

Katrin Ebner-Steiner: Unser Ziel ist es, die stärkste Oppositionsfraktion zu stellen. Und dafür läuft der Wahlkampf bisher ganz hervorragend: Wir haben ein dicht gepacktes Programm mit drei bis vier Wahlkampfveranstaltungen am Tag. Das Schönste daran ist der unmittelbare Kontakt mit vielen Bürgern, die zu uns kommen und uns Zuspruch geben. Wir spüren, auch in Bayern dreht sich der Wind! 

Allerdings haben die Freien Wähler nach der „Flugblatt-Affäre“ deutlich zugelegt und liegen mit 17 Prozent in den Umfragen drei Prozent vor AfD und Grünen. Kostet die unfreiwillige Wahlkampfhilfe der „Süddeutschen Zeitung“ für Herrn Aiwanger Sie den zweiten Platz? 

Ebner-Steiner: Sicherlich hat Hubert Aiwanger die Flugblatt-Affäre zumindest kurzfristig für sich nutzen können. Daß dies mehr als ein flüchtiger Trend gewesen sein wird, glaube ich allerdings nicht. Dafür sind die Freien Wähler auch zu opportunistisch, denn sie spielen nur Scheinopposition. Immer mehr Menschen verstehen, daß die Freien Wähler lediglich die Mehrheitsbeschaffer für Söder sind. Für uns ist klar: Laut den allerneuesten Umfragen können sie ihren Vorsprung nicht mehr halten, und wir stehen, je nach Institut, bei einem sehr guten zweistelligen Ergebnis und auch gleichauf mit den Freien Wählern. Vielleicht erleben wir ja am Wahlabend eine schöne Überraschung. 

Mit wieviel Prozent rechnen Sie denn konkret?

Ebner-Steiner: Das wäre ein Blick in die Kristallkugel, denn das entscheiden die Wählerinnen und Wähler am Wahlabend. Klar sollte aber jedem sein: Wer wirkliche Veränderungen will, eine echte Wende in der Migrationspolitik, eine solide Energiepolitik mit dem eindeutigen Bekenntnis zur Kernkraft sowie bezahlbaren Wohnraum, der muß die Alternative für Deutschland wählen! 

Wieviel Prozent werden die Freien Wähler als Ihr Hauptkonkurrent die bayerische AfD kosten?  

Ebner-Steiner: Die Freien Wähler sind ein Pfund in Bayern, das ist doch vollkommen klar. Für mich persönlich steht aber Sachpolitik im Vordergrund. Ich kämpfe nicht gegen andere Mitbewerber, sondern ich kämpfe für meine bayerischen Landsleute. Die Bürger haben genug von parteitaktischen Spielen, sie erwarten zu Recht Lösungen für ihre täglichen Probleme. Das ist mein Anspruch – und abgerechnet wird dann am Wahlabend. 

Apropos „bayerische Landsleute“: Daß Markus Söder ein Opportunist vor dem Herrn ist, weiß jeder, da er sich gar nicht erst die Mühe macht, seine Wendehälsigkeit zu verbergen. Können Sie für alle Nicht-Bayern das Geheimnis lüften, warum er trotzdem – die CSU liegt mit 36 Prozent uneinholbar in Führung – so gut ankommt?  

Ebner-Steiner: Daß Markus Söder „so gut ankommt“, wie Sie behaupten, würde ich jetzt mal in Frage stellen. Natürlich hat er einen Amtsbonus, natürlich profitiert er davon, daß gerade im strukturkonservativen Bayern viele Bürgerinnen und Bürger ihr Kreuz wie schon die Großeltern bei der CSU machen. Wir versuchen ihm die Maske vom Gesicht zu reißen – und das immer erfolgreicher, wie gerade die 36 Prozent zeigen; die nämlich die schlechtesten Umfragewerte sind, die jemals für die CSU gemessen wurden.

Nach der Wahl wird er erneut mit den Freien Wählern koalieren. Diese „Festung“ kann die bayerische AfD auf absehbare Zeit doch gar nicht „knacken“, oder?

Ebner-Steiner: Unser Ziel für diese Wahl ist realistisch: nämlich die stärkste Oppositionsfraktion zu werden. Das wird dann eine hervorragende Ausgangsposition für eine Regierungsbeteiligung in der danach kommenden Legislatur. Dafür kämpfen wir!

In Hessen tritt die AfD mit Landes- und Fraktionschef Robert Lambrou als Spitzenkandidat an. In Bayern hat sich die Landespartei dagegen nicht für führende Politiker, dafür aber für ein Spitzenkandidatenduo entschieden: Sie und Martin Böhm sind „nur“ Landtagsabgeordnete. Warum? Ist das nicht ein Nachteil?

Ebner-Steiner: Jeder Landesverband steht für sich. Und in Bayern haben das die Mitglieder auf einem offenen Mitgliederparteitag entschieden. 

Ihre Parteifreunde in Hessen haben mit einem Gewaltaufruf der Antifa, Drohungen und Anschlägen zu kämpfen. Ist wenigstens in Bayern der Wahlkampf fair?

Ebner-Steiner: Ein Wahlkampf gegen die AfD ist noch nie wirklich fair verlaufen, insbesondere nicht seitens vieler Journalisten der Alt-Medien. Aber mittlerweile haben wir uns daran gewöhnt und können damit sehr gut umgehen. Natürlich werden uns nach wie vor verbindlich zugesagte und fest gebuchte Veranstaltungsorte überraschend gekündigt, nachdem die Antifa die Wirte eingeschüchtert hat. Sogenannte „Demonstranten“ bedrängen uns an Infoständen, schüchtern Passanten und interessierte Bürger ein. All das ist ein Armutszeugnis für die Demokratie. 






Katrin Ebner-Steiner, die Bilanzbuchhalterin, geboren 1978 im niederbayerischen Deggendorf, ist seit 2018 Abgeordnete im Maximilianeum, dem Bayerischen Landtag, wo sie bis 2021 die Fraktion der AfD führte. Zudem war sie von 2017 bis 2019 stellvertretende Landesvorsitzende.