Die Konstellation wirkt kurios. In einer Stichwahl um die Stadtspitze hatten sich die Bürger von Nordhausen am vergangenen Sonntag zu entscheiden – zwischen dem Kandidaten der AfD, Jörg Prophet, der im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten hatte, und dem parteilosen Kai Buchmann, Amtsinhaber, aber zuvor wegen angeblicher Dienstvergehen suspendiert und erst nach einem Gerichtsbeschluß zur Wahl zugelassen.
Am Sonntag abend stand dann fest: Der neue ist der alte Oberbürgermeister. Buchmann kam laut vorläufigem Endergebnis auf 54,9 Prozent, der zunächst als Favorit ins Rennen gegangene Prophet hingegen auf 45,1 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 59,9 Prozent. Für Buchmann hatte vor allem ein sogenanntes zivilgesellschaftliches Bündnis getrommelt. Sogar der Sänger der Band „Die Prinzen“, Sebastian Krumbiegel, meldete sich aus Leipzig zu Wort und forderte dazu auf, das Kreuzchen bloß nicht bei der AfD zu machen, da die ja „demokratische Strukturen“ abschaffen wolle.
Während Buchmann seine Gespräche mit Bürgern beim Dorffest und der Feuerwehr als wahlentscheidend wertet, steht für die grüne Stadträtin Wilma Busch fest: Nur durch das Engagement von Gewerkschaften und Vereinen habe man „das Ding nochmal gedreht“, sagte sie dem Deutschlandfunk. Prophet zog trotz seiner Niederlage ein positives Resümee. An der AfD führe kaum ein Weg vorbei, die Wahl in Nordhausen habe gezeigt: „Die Demokratie lebt, es gibt wieder kontroverse Debatten“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. Der Landesvorsitzende Stefan Möller meinte, der Wahlausgang sei nur in der Konstellation „Alle gegen einen“ gegen Prophet zustande gekommen.
Politisch zur Ruhe kommen dürfte das für seinen Korn („Echter Nordhäuser“) berühmte Städtchen noch nicht. „Die Gründe haben sich noch nicht erledigt“, betonte Landrat Matthias Jendricke (SPD) und verwies auf das weiter laufende Verfahren zur vorläufigen Dienstenthebung Buchmanns. Aus Sicht des Landkreises Nordhausen sollte der – nun frisch wiedergewählte – Oberbürgermeister von Nordhausen „nicht im Dienst sein“. Zahlreiche Pflichtenverstöße, darunter „Mobbing“, werden ihm zur Last gelegt.
Unterdessen haben Unbekannte in der Nacht zum Montag Morddrohungen auf eine Straßenbahn gesprüht. Die Schriftzüge „Jörg P. Kill“ und „9mm = go FCK AfD“ wurden auf einer Bahn der Stadtwerke angebracht. Laut Polizei liegt dabei ein Zusammenhang mit der Oberbürgermeisterwahl nahe.
„Wir vermuten, daß sich ‘Jörg P.’ auf den Kandidaten der AfD bezieht und gehen dementsprechend von einem politischen Hintergrund aus“, sagte ein Pressesprecher der Polizei der jungen freiheit. Der Schriftzug „9 mm“ bezieht sich dabei mutmaßlich auf das gängige Pistolenkaliber. „Die Versuche, unseren Kandidaten als Rechtsextremisten oder ‘Nazi’ zu diffamieren, haben offenbar Früchte getragen“, kommentierte ein Sprecher der AfD den Vorfall. Es sei gelungen, in „einigen Teilen der Bevölkerung Nordhausens ein Klima des Hasses zu erzeugen“.