© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/23 / 22. September 2023

Kabinenklatsch
Polit-Theater im DFB
Ronald Berthold

Es brannte nur für ein Spiel. Nachdem Rudi Völler allein durch seine Persönlichkeit der Nationalmannschaft neues Leben eingehaucht und eine kleine Euphorie bei den Fans entfacht hatte, kehrt nun alles wieder in seine unerträglichen Bahnen zurück. Ich finde es schade. Aus der Heim-Europameisterschaft im nächsten Jahr hätte doch noch ein Sommermärchen werden können. Nun kann man niemanden zwingen, für zehn Monate an der Seitenlinie zu stehen, wenn er es nicht will.

Kurz nach Völlers Absage kam der nächste Nackenschlag für alle, die sich irgendwie auf das Turnier im nächsten Jahr freuen wollten. Und der hat einen Namen: Andreas Rettig. Mir ist der neue DFB-Sportdirektor vor allem wegen eines Satzes in Erinnerung. Als sein damaliger Klub FC St. Pauli, bei dem er 2015 bis 2019 eine ähnliche Funktion hatte wie jetzt beim DFB, akut vom Abstieg bedroht war, sagte er: Der Kiezklub müsse in der Zweiten Liga bleiben, damit er weiter seine Werte durch die Stadien tragen könne. Kann man so sehen. Ich aber habe mit diesen linksradikalen Werten des Vereins, der den Totenkopf zu seinem Symbol gemacht hat, nichts am Hut.

Inzwischen gibt es viele St. Paulis, allen voran den DFB. Ich hatte gehofft, daß mit dem ganzen Polit-Theater Schluß wäre, nachdem Völler das versprochen hatte. Rettig steht für das Gegenteil. Am sportlichen Erfolg kann seine Berufung nicht liegen, denn weder bei Pauli, Freiburg, Köln, der DFL oder zuletzt beim Drittligisten Viktoria Köln hat er Bäume ausgerissen. Daß mit Karl-Heinz Rummenigge und Oliver Mintzlaff die beiden Schwergewichte aus Protest gegen diese Personalie aus der DFB-Taskforce zurückgetreten sind, zeigt: Das sehen auch andere so. Auf Wiedersehen.