Zur „Kunst innerer Erfrischung“ gehört für die Kulturkritikerin Ariadne von Schirach die Fähigkeit, „über alles staunen“ zu können. Dazu bietet die schier unerschöpfliche Fülle der in ihren philosophisch notdürftig drapierten Ratgeber-Büchern (à la „Du sollst nicht funktionieren. Für eine neue Lebenskunst“ 2014) ausgestreuten Plattheiten hinreichend Gelegenheit. So erinnert die Enkelin des Reichsjugendführers Baldur von Schirach, die 2000 ihr Philosophiestudium mit einer Magisterarbeit über „Identität als nomadisches Schweifen zwischen Existenzmöglichkeiten“ abschloß, an die in den letzten 2.000 Jahren nicht gänzlich unterdrückte Weisheit, daß wir nicht auf der Welt sind, um zu leisten, sondern um zu leben. Zeit dafür, „für Stille, die erfrischt“, könne sich in einer „krankmachenden Gesellschaft“ trotz aller Leistungswünsche jeder nehmen. Nur, was die „chinesisches Denken“ unterrichtende höhere Tochter offenbar übersieht, der arbeitende Teil der Bevölkerung eben nicht. Damit sich das ändert, planen die Sozialwissenschaftler Yvonne Lott und Eike Windscheid (beide Hans-Böckler-Stiftung) die „Arbeitsgestaltung von morgen“. Die Vier-Tage-Woche soll die neue „Vollzeitnorm“ werden. Damit Deutschland durch diesen tiefgreifenden Wertewandel fort von der Hochschätzung der Erwerbsarbeit künftig weder unter Fachkräftemangel leidet noch zum „Freizeitpark“ (Helmut Kohl) degeneriert, schlagen Lott und Windscheid vor, das „Erwerbstätigenpotential“ voll auszuschöpfen. Eine totale Mobilmachung, die auch „Frauen, Eltern und ältere Arbeitnehmer“ keine erfrischende Stille mehr gönnt (Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 6/2023).