Gelben, mit Marillenkonfitüre bestrichenen Biskuitteig und weißes Baiser wählte der Wiener Zuckerbäcker Ludwig Heiner ganz bewußt, um mit seiner im Herbst 1933 kreierten Mehlspeise das päpstliche Couleur darzustellen. Denn an der Donau fand damals wegen des 250. Jahrestages der Osmanenabwehr und dem 500. Jubiläum des Stephansdomes der Allgemeine Deutsche Katholikentag statt. Zudem geht die Fama, daß der Kardinal Theodor Innitzer sich in der nahen Konditorei „dieser süßen Versuchung nicht entziehen konnte“. Heiner nannte folglich sein Gebäck „Kardinalschnitte“, und als solche verzehren sie Österreichs Leckermäuler bis heute. Doch Anfang September hat der linksliberale Standard die Kardinalschnitte einem Demokratiecheck unterzogen – und siehe da: alles politisch fragwürdig. Nicht nur, daß der Katholikentag damals von der Dollfuß-Regierung „instrumentalisiert“ wurde, um den austrofaschistischen Ständestaat zu befördern, sondern Innitzer galt auch als strammer Befürworter des Reichsanschlusses 1938. Immerhin Konditor-Nachfahrin Verena Eissner-Eissenstein wahrt ihren Wiener Schmäh: „Wir sehen die Diskussion gelassen“, watschte sie allzu strenge Fragen des Senders oe24 ab.