Man kann den Grünen ja eines nicht vorwerfen: daß sie mit dem, was sie vorhaben, hinterm Berg halten würden. Ihr letzter Wahlkampfauftritt anläßlich der Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein im Mai dieses Jahres verriet auf plakative Weise alles, was man wissen muß: Die landesweite Plakatkampagne warb mit bunt gemischten, aber orwellesk gesichtslosen Playmobilfiguren, die zu Fuß, per Fahrrad oder im Rollstuhl unterwegs sind, einander an die Hand, in den Arm oder auf den Gepäckträger nehmen und unter einem nicht etwa blauen (Gott bewahre!), sondern grünen Himmel ihrer gesellschaftlichen Verzweckung zugeführt sind: ein „1984“ in aufgehübschter Kindergarten-Bildästhetik.
So also, als total playmobilisierte Gesellschaft, darf man sich das grüne Utopia vorstellen, zu dem Habeck, Baerbock & Co. mit uns unterwegs sind. Die Grünen betrachten unser Land als einen einzigen großen Kindergarten. Und sie sind die Kindergärtner.
Als hätte es für dieses Betüdelungsregime noch eines Beweises bedurft, verwaltet namentlich die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) Claudia Roth den ihr anbefohlenen Bereich genau so: sie die Kindergärtnerin, die andern die Kinder, die mit anfangs sanftem und bei Renitenz dann zunehmend nicht mehr so sanftem Druck dazu gebracht werden, immer schön artig zu sein und all das zu tun, was die grüne Erziehungsberechtigte sich von ihnen wünscht.
Ökologische Standards für Film- und Fernsehproduktionen
„Wir nehmen uns jetzt alle bei den Händen und rufen: ‘Pfui, du stinkst!’“ So könnte man, leicht ironisiert, den grün schillernden Anhang „Ökologische Standards für deutsche Kino-, TV- und Online-/VoD-Produktionen“ auf einen Nenner bringen, der mit normativer Substanz füllt, was in Paragraph 1 der Richtlinie für die kulturelle Filmförderung über deren Ziele noch vage und unverbindlich klingt: „Die BKM bekennt sich [...] zur nachhaltigen Filmproduktion.“ In Paragraph 17 wird die Förderung ausdrücklich gekoppelt an „die ökologischen Standards […], die dieser Richtlinie als Anlage beigefügt sind“.
Wie in einem neuen Grundgesetz für die totale Transformation des Wirtschaftsstandorts Deutschland in ein grünes Lummerland verkündet ein unsichtbarer Hohepriester im Namen der Klimareligion in der Präambel dieser Öko-Standards weihevoll: „Mit ihren audiovisuellen Produktionen erreicht die öffentlich-rechtliche und private Medienbranche ein Millionenpublikum. Mit dieser Reichweite geht auch eine gesellschaftliche Verantwortung für eine nachhaltige Herstellung dieser Inhalte einher. Eine umwelt- und ressourcenschonende audiovisuelle Film- und Fernsehproduktion ist ein wesentlicher Beitrag zur Reduzierung des CO₂-Verbrauchs und zugleich ein technologischer Transformationsprozeß, der gleichermaßen technische und künstlerische Veränderung umfaßt.“ BKM, Förderanstalten und der Arbeitskreis „Green Shooting“ hätten sich daher auf Standards verständigt, deren Ziel „eine möglichst ressourcenschonende, CO₂-arme Produktionsweise“ ist.
Der kleine grüne Diktator versteckt sich in sogenannten „Muß-Vorgaben“, in die auch vorläufige „Soll-Vorgaben“ nach und nach überführt werden sollen, einige 2024, andere 2025: Bei der Verpflegung durch sogenannte „Catering“-Dienste muß es einen „Veggie“-Tag geben, das Essen entweder zu einem Drittel Biokost oder „zu mindestens 50 Prozent (ab 2025: 70 %) regionaler Herkunft sein“. Vor dem Dreh muß die Produktionsmannschaft durch eine Fragerunde für das Thema Fleischkonsum sensibilisiert werden. Einweggeschirr ist verboten, Einwegbatterien sowieso.
Bei Außendrehs ist darauf zu achten, daß keine Verbrenner zum Einsatz kommen: Findet sich im Umkreis von hundert Metern Strom, sind Generatoren tabu und auch sonst nur im Notfall erlaubt: „Nachhaltigere moderne Möglichkeiten sind bevorzugt zu nutzen, wie z.B. nur ein (Hybrid-) Generator im Stand-by mit nachgelagerter Batterie und parallelem Feststrom.“ Klare Vorstellungen. Es fehlt nur der Hinweis auf einen Hersteller solcher Generatoren aus dem „Green New Deal“-Club. Ist ein Dieselgenerator unvermeidlich, soll schneller gedreht werden: drei Tage Maximum. Filme wie Werner Herzogs „Fitzcarraldo“ wären damit aus dem Rennen.
Filmemacher kritisieren Claudia Roth
Kopier-, Klo- und Küchenpapier muß zu mindestens 90 Prozent aus Altpapier stammen. Kostüme, Kulissen, Dekorationsobjekte und Materialien sollen wiederverwertbar sein, Produktionsfahrzeuge emissionsarm, Studiopublikum klimaneutral: Es soll nur noch per ÖPNV anreisen. Flüge sind untersagt, wenn parallel eine Bahnfahrt unter fünf Stunden möglich wäre. Man beachte den Konjunktiv Irrealis. Filmproduzenten dürfen, mit Blick auf die Pünktlichkeit der Bahn, wieder beten lernen. Überwacht wird das alles durch einen sogenannten „Green Consultant“. Im Klartext: wieder ein neuer, von den Grünen installierter Torwächter-Posten, zugleich Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Absolventen der Laber-Studiengänge linksakademischer Kaderschmieden.
Daß die gesellschaftspolitischen Ziele der Grünen genauso konsequent verfolgt werden wie die ökologischen und Kulturstaatsministerin Roth sich dabei auf vorauseilenden Kadavergehorsam einer quasi gleichgeschalteten Kulturbranche verlassen kann, beweisen die wie Pilze aus dem Boden schießenden geschlechtsrevisionistischen Propagandafilme, die allein in den letzten zehn Monaten auf ein oft unbedarftes Zielpublikum losgelassen wurden und Regenbogen-Claudia jubeln lassen: vom Transkind, das sich in „Oskars Kleid“ gebärdet wie der Zwölfjährige Jesus im Tempel, über die Transformation des jüdisch-aserbaidschanischen Migrantenlebensbilds „Der Russe ist einer, der Birken liebt“ zum LGBT-Werbefilm bis hin zu irren Geschlechtertausch-Phantasmen auf einem dystopischen Guru-Eiland mit „Queer Lion“-Prämierung („Aus meiner Haut“).
Und ein Schelm, wer Böses dabei denkt, wer einen prophylaktischen Kotau vor Claudia Roths weithin sichtbarem Gender-Geßlerhut unterstellt, wenn selbst Bully Herbig, der sich mit seiner Spiegel-Persiflage „Tausend Zeilen“ (JF 40/22) nicht gerade politischer Überkorrektheit verdächtig gemacht hat, im Abspann die häßlichen Ideologie-symbole der Genderisten einbaut, die womöglich in Zweifelsfällen die dringend benötigte Filmförderung sichern. Heißt es doch im Oberkindergärtnerinnen-Passus der Kulturstaatsministerin, Paragraph 40 der am 1. März 2023 in Kraft getretenen Filmförder-Richtlinie: „In Zweifelsfragen bei Auslegung und Anwendung dieser Richtlinie entscheidet die BKM“, also Claudia Roth höchstpersönlich. Ein Passus, der selbstherrlichem Schalten und Walten Tor und Tür öffnet.
Und genau diese Selbstherrlichkeit wird Roth nun seitens prominenter internationaler Filmschaffender zum Vorwurf gemacht, weil sie den künstlerischen Berlinale-Leiter Carlo Chatrian offenbar durch einen grünen Günstling ersetzen möchte. In einem im US-Fachblatt Variety veröffentlichten offenen Brief werfen rund 200 Filmemacher, darunter Starregisseur Martin Scorsese, Staatsministerin Roth ein „unprofessionelles und unmoralisches Verhalten“ vor.
Es ist nach dem Streit um die Nichtberücksichtigung von Christian Petzolds „Roter Himmel“ bei den diesjährigen Deutschen Filmpreisen, der ebenfalls auf die Ministerin zurückfiel, bereits der zweite Sturm der Entrüstung, der der Grünen-Politikerin ins Gesicht bläst.