Rohstoffmärkte zu manipulieren ist schwierig. Die Erfahrung machten die drei texanischen Gebrüder Hunt in den 1980ern, als sie ihr Milliardenvermögen beim Versuch der Manipulation des Silbermarkts verloren und schließlich Konkurs anmelden mußten. Heute versuchen sich Wladimir Putin, der indische Premier Narendra Modi und das Ölkartell Opec mit der Manipulation von Getreide, Reis und Öl. Der russische Präsident blockiert den Export ukrainischen Weizens durch das Schwarze Meer und bombardiert Getreidesilos. Doch die Weizenpreise sind auf das Niveau von 2020 gefallen und liegen bei der Hälfte des Höchststands von 2022. In Osteuropa weigern sich Regierungen sogar, ukrainisches Getreide einführen zu lassen, um die eigenen Landwirte vor weiterem Preisverfall zu schützen.
Grund für die Weizenschwemme ist die Rekordernte in den USA, die 30 Prozent über dem Vorjahr liegt. Die Lager sind so voll, daß die Chicagoer Börse CBoT Lagergebühren um 60 Prozent erhöhen konnte und trotzdem ausgebucht ist. Die Preise reflektieren diese Dynamik: für Lieferung im Dezember ist US-Weizen 20 Prozent teurer als bei sofortiger Abnahme. Bei Mais liegt die US-Produktion deutlich niedriger als im Vorjahr, was aber durch eine Rekordernte in Brasilien mehr als ausgeglichen wird. Prophezeiungen über Hungersnöte wegen der Klimakrise sind verfrüht. Trotz Rekordhitze sagt der Internationale Getreiderat (IGC) für die Saison 2023/24 die höchste Getreideproduktion aller Zeiten vorher. In diesem Umfeld sind Putins Versuche, Getreidepreise als Waffe einzusetzen, zum Scheitern verurteilt.
Anders ist die Lage bei dem in Asien so wichtigen Reis: dessen Preis erreicht einen Höchststand wie zuletzt vor 15 Jahren. Grund ist ein Exportverbot Indiens. Dort wird im Frühjahr 2024 gewählt, und Modi will die Nahrungsmittelpreise im Inland niedrig halten, die 2022 um 11,5 Prozent gestiegen sind. 40 Prozent der Reisexporte stammen aus Indien, zusammen mit China hält das 1,4-Milliarden-Einwohner-Land drei Viertel der weltweiten Lagerbestände, die auf Rekordniveau stehen. Doch außerhalb Indiens schrumpfen die Reserven und Preise explodieren. Beim zweitgrößten Reisexporteur Thailand stiegen die Preise um 20 Prozent. Ob Modi Erfolg haben wird, ist noch nicht klar, denn das Exportverbot trat erst Ende Juli in Kraft. Angesichts seiner Marktdominanz stehen die Chancen gut.
Marktmacht steht auch hinter den schwankenden Opec-Erfolgen. Deren Versuche, den Ölpreis zu treiben, scheiterten trotz Marktdominanz häufig, weil sich Mitglieder nicht an die Quoten hielten. Inzwischen treiben Nicht-Opec-Staaten wie Brasilien, die USA oder Guyana die Ölförderung zu neuen Höchstwerten. Saudi-Arabien, einst größter Quotenschummler, schränkt sich freiwillig ein, um den Markt auf hohem Preisniveau in Balance zu bringen. 80 Dollar pro Barrel gilt als saudisches Ziel, und da der Preis monatelang darunter lag, scheint die Opec jetzt als Ausgleich für die nächsten Monate einen deutlich höheren Preis anzupeilen.
Das gegenteilige Interesse verfolgt Joe Biden, dem bei hohen Spritpreisen in 14 Monaten die Abwahl droht. Doch mangels Raffineriekapazitäten haben sich Preise für Benzin, Diesel und Kerosin vom Rohölpreis abgekoppelt und steigen auch bei schwachem Ölpreis. Europas Raffinerien sind für russisches Ural-Öl optimiert und büßen bei anderen Sorten fünf Prozent Volumen ein.