Mitunter geht das Saarland auf Distanz zu seinem westlichen Nachbarn. Sogar in Fragen des Stils. Während in Frankreich den Schülerinnen untersagt wurde, ein knöchellanges Gewand über der eigentlichen Kleidung zu tragen, wie es in islamischen Ländern üblich ist, und aktuell über eine verpflichtende Einheitskleidung für alle nachgedacht wird, hält das saarländische Bildungsministerium eine verbindliche Kleiderordnung für nicht sinnvoll. Damit reagiert es auf eine Initiative des Bundeselternrates, der genau dies empfiehlt. Allerdings nicht, um wie in Frankreich zu verhindern, daß sich Deutschlands Schülerinnen künftig mehrheitlich in eine sogenannte Abaya zwängen, sondern – im Gegenteil – um gegen „unangemessene, zerrissene oder freizügige Kleidung“ vorzugehen.
Die stößt der Vorsitzenden des Gremiums, Christiane Gotte, auf. Daß sie gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe überdies von „lottriger Kleidung“ gesprochen hat, kritisierte wiederum der Landesschülersprecher des Saarlands, Hassan Aljomaa. Derartige Verallgemeinerungen würden sich verbieten, da viele Schüler „sehr großen Wert auf ihr äußeres Erscheinungsbild“ legten.
Über das Für und Wider von Schuluniformen wird in Deutschland seit Jahrzehnten immer wieder diskutiert. Bisher ergebnislos. Äußern sich die Befürworter allzu laut, zitieren die Gegner Artikel 2 des Grundgesetzes, aus dem sich interpretieren läßt, daß weder eine staatliche Schule noch der Staat Kleidervorschriften erlassen darf, da durch diese die Individualität der Schüler eingeschränkt werde. Darauf verweist auch das saarländische Bildungsministerium von Christine Streichert-Clivot (SPD).
Daß das „Recht auf freie Entfaltung“ in der Bundesrepublik sehr ernst genommen wird, lernt überdies schon jeder Neubürger, der vom Ausländeramt zu einem Orientierungskurs verpflichtet wird. Dort erfahren sie auch, daß ein generelles Kopftuchverbot für muslimische Schülerinnen unvereinbar mit der im Grundgesetz garantieren Freiheit des Glaubens und der ungestörten Religionsausübung ist. Überhaupt wirkt in einem Land, in dem die Schulleitungen froh sind, wenn die Mehrheit der Schüler beim obligatorischen Unterricht anwesend ist, das Argument der Bundeselternratsvorsitzenden Gotte geradezu grotesk, man habe durch eine einheitliche Kleiderordnung die Möglichkeit, „Schülerinnen und Schüler nach Hause zu schicken und zu verlangen, daß sie sich ordentlich anziehen“.
Andererseits bemühen sich Schulleitungen auch im Saarland mittels Hausordnungen, daß ein Mindestmaß an Standards eingehalten wird. So sollte Kleidung nicht die Rechte anderer verletzen oder gegen die guten Sitten verstoßen, Hosen zumindest bis zum Oberschenkel reichen.
Ruhe herrscht nach dem Machtwort des Bildungsministeriums auch an der Saar. Wenn an den Schulen Probleme in bezug auf die Kleidung auftreten sollten, müsse das im Einzelfall von pädagogischen Teams oder der örtlichen Schulgemeinschaft geregelt werden, hieß es. Zudem schließe das nicht aus, „daß innerhalb der örtlichen Schulgemeinschaft auf freiwilliger Basis das Tragen einheitlicher Kleidung mit allen Beteiligten vereinbart werden kann.“